SPD Brandenburg: Simon Vaut muss um seinen Job bangen
Nach der aufgeflogenen Täuschung der Brandenburger SPD offenbart sich Vaut dem "Spiegel". Am Montag steht offenbar ein klärendes Gespräch im Ministerium an.
Simon Vaut muss nach der aufgeflogenen Täuschung der Brandenburger SPD für seine Kandidatur für das Europaparlament um seinen Beamtenstatus im CDU-geführten Bundeswirtschaftsministerium bangen. Wie der „Spiegel“ berichtet, ist Vaut von der Personalabteilung des Ministerium für Montag zu einem klärenden Gespräch geladen worden. Ursprünglich sollte Vaut dem Bericht zufolge an diesem Tag aber endgültig verbeamtet werden.
Zu Wochenbeginn war bekannt geworden, dass Vaut die Brandenburger SPD über seine Lebensumstände getäuscht hatte, um bessere Chancen bei der Nominierung als Kandidat zur Europawahl am 26. Mai zu haben. So gab er an, in Brandenburg/Havel zu wohnen, obwohl er in Berlin lebte. Zugleich gab er vor, eine Beziehung mit einer Frau zu führen, für die er nach Brandenburg/Havel gezogen sei.
Die Landes-SPD hat den Wahlkampf mit Vaut deshalb eingestellt, der 40-Jährige erklärte gegenüber dem Bundeswahlleiter seinen Verzicht auf ein mögliches Mandat. Sollte das Mandat trotz Platz 22 auf der Bundesliste seiner Partei an die SPD gehen, soll Brandenburgs frühere Juso-Chefin Maja Wallstein als Ersatzkandidatin ins EU-Parlament einziehen.
Der Fall Vaut könnte für die SPD auch Folgen für die Landtagswahl haben
Ob das klappt, ist angesichts der Umfragewerte der SPD ungewiss. Wallstein war von Beginn Wunschkandidatin von SPD-Landeschef und Ministerpräsident Dietmar Woidke und hätte als Frau auch bessere Chancen gehabt, unter den ersten zehn Listenplätzen zu landen.
Vaut ließ Anfragen von anderen Medien - auch dieser Zeitung - unbeantwortet, sprach aber mit dem Spiegel. Bekannt ist, dass das Willy-Brandt-Haus in das Krisenmanagement eingebunden war. Die politische Konkurrenz vermutet hinter der neuen Homestory aus Vauts Wohnung, die „ein wenig staubig“ ist, weil er im Wahlkampf so viel unterwegs war, ein klares Ziel, gesteuert von der Parteizentrale: Simon Vaut als verirrten Genossen darstellen, mit dem der Leser fast Mitleid haben könnte - und den Schaden für die Brandenburger SPD möglichst weit fern halten.
Die klappt auch über weite Strecken. Der Fall Vaut könnte für die SPD auch Folgen für die Landtagswahl am 1. September haben. Die Partei muss nach 30 Jahren darum bangen, die Regierungsverantwortung zu verlieren. Vaut schäme sich, es tue ihm leid, dass seine Landespartei nun den Schaden habe, sagte er dem Spiegel. Weniger Mitleid hätte er mit Genossen in Bayern oder Berlin gehabt. "Aber in Brandenburg ist das wirklich eine sympathische SPD."
Dem "Spiegel" sagte Vaut: "Es tut mir leid. Ich will reinen Tisch machen." Er habe nicht aus Karrierismus kandidiert, als Mann und auf einem hinteren Listenplatz wären die Chancen ohnehin aussichtslos gewesen. Dass er es nach einem Scheitern eigentlich auf die Bundestagswahl 2021 abgesehen hatte, wie er der angeblichen Freundin berichtet hatte, erwähnte er nicht.
"Es fängt mit einer harmlosen Unwahrheit an"
Stattdessen sagte er dem Spiegel: "Es fängt mit einer harmlosen Unwahrheit an, und dann verstrickt man sich darin." Er sei in sein frisiertes Leben hineingeschlittert. Die angebliche Freundin kenne er seit Jahren. Und erneut zieht Vaut die Frau, die in Berlin lebt, mit hinein: Sie seien „sich wohl ein paarmal auch näher gekommen“, schreibt das Magazin. Für Vaut sei es eine Beziehung, für die Frau aber nie eine Partnerschaft gewesen.
Und dann vergleicht sich Vaut, der frühere Redenschreiber von Sigmar Gabriel, mit Frank Underwood, dem US-Präsidenten aus der Serie "House of Cards", der sich „von kleinen Sachen immer weiter reinreitet, und dann wird es immer schlimmer", sagte Vaut. „Ich bin häufig in meinem Leben umgezogen, bin nirgendwo verwurzelt.“ Diesen Nachteil habe er "mit einer Überinszenierung" verdecken wollen und es dann übertrieben. "Ich wollte es halt besonders gut machen."
Und doch wird zumindest angedeutet, dass in SPD bekannt war, dass Vaut ein falsches Spiel spielte. Es hätte durchaus Fragen gegeben, etwa aus der Brandenburger SPD-Zentrale, weil Vaut im Mitgliedersystem mit einer Berliner Adresse gemeldet war. Vaut ließ deshalb eine fingierte Adresse in Brandenburg/Havel eintragen. Als die angebliche Freundin das falsche Spiel nicht mehr mitmachen wollte, berichtete er dem dortigen Unterbezirk, er sei bei seiner Freundin rausgeflogen.
Die Landtagskandidatin Britta Kornmesser gab ihm Unterschlupf, Vauts Name stand neben ihrem auf dem Klingelschild. Wieder meldete Vaut die Adresse für die Mitgliederdatei. Nur hat er das Zimmer bei seiner Genossin nie genutzt, die Adresse diente für die Parteipost, wie Kornmesser dieser Zeitung sagte.
Ob Vauts Genossen die Täuschung mitgetragen haben aus Unbedarftheit oder mit Vorsatz, das ist bislang unklar. Dem "Spiegel" sagte Vaut nun: „So enden politische Karrieren, bevor sie angefangen haben.“