Skandal um Simon Vaut: Brandenburgs SPD stellt neue Europakandidatin vor
Nach der Lügen-Affäre um den SPD-Europakandidaten Simon Vaut soll nun Maja Wallstein den Wahlkampf weiterführen.
Nachdem die Lügen-Affäre um den früheren Brandenburger SPD-Europakandidaten Simon Vaut aufflog, versucht SPD-Landeschef und Ministerpräsident Dietmar Woidke, den Schaden für seine Partei zu begrenzen, die bei der Landtagswahl am 1.September die Abwahl befürchten muss. Auf einer Pressekonferenz in Potsdam fand Woidke deutliche Worte über Vaut, der einen Wohnsitz in der Havelstadt und eine dort lebende Lebensgefährtin vorgetäuscht hatte, um als Europa-Spitzenkandidat der Landes-SPD nominiert zu werden. Was ihm gelang.
„Ich bin erschüttert über die Verantwortungslosigkeit. Er hat die Öffentlichkeit getäuscht. Er hat die SPD getäuscht“, sagte Woidke. „Ein Riesenschaden“ sei entstanden. „Wir werden dieses Kapitel abschließen, wir gucken nach vorne.“ Auswirkungen auf die Landtagswahl befürchte er nicht. „Wir haben in Brandenburg immer bewiesen, dass Landtagswahlen Wahlen sind, wo es um das Land geht. Das ist eine völlig andere Geschichte.“
Woidke soll in wenigen Wochen als Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl nominiert werden und steht deshalb unter Druck. Er erinnerte daran, dass die Nominierung von Vaut auf dem Parteitag im September 2018 in Wildau eine Niederlage für ihn als Parteichef und für den Vorstand gewesen sei. Dort hatte sich Vaut mit hauchdünnem Vorsprung - nach einem Rührstück-Auftritt mit einer fingierten Freundin – gegen die Woidke-Favoritin Maja Wallstein durchgesetzt.
„Vaut hat eine junge Frau um ihre Kandidatur für das Europaparlament betrogen“, sagte Woidke. Die 32-jährige frühere Juso-Landeschefin Maja Wallstein, die für die Helmholtz-Gemeinschaft arbeitet, soll es nun als Ersatzkandidatin richten und den Wahlkampf fortführen. Vaut wird im Wahlkampf der Brandenburger SPD nicht mehr auftauchen. Broschüren und Plakate wurden eingestampft.
Wallstein: "Ich brenne für Europa"
Wallstein selbst sieht sich nicht als Opfer, wie sie betonte. „Ich brenne für Europa“, sagte sie. „Daran hat sich nichts geändert.“ Den finanziellen Schaden durch die Lügen–Affäre wollte SPD-Generalsekretär Erik Stohn nicht beziffern. Er sagte nur, dass es in einer Woche schlimmer gewesen wäre.
Ins Europaparlament käme Wallstein nur, wenn der rote Felix Krull es – trotz seiner vorsätzlichen Täuschung und seines bisherigen Wahlkampfes als Fake-Brandenburger – doch schaffen sollte. Das ist unwahrscheinlich. Er steht auf Platz 22 der Bundesliste, was nicht mehr revidierbar ist.
Die SPD, die derzeit bundesweit bei 15 Prozent liegt, müsste für seinen Einzug ins EU–Parlament etwa auf 22 Prozent kommen. Damit Wallstein nachrückt, müsste er dann auf sein Mandat verzichten. „Er wird schriftlich erklären, dass er das Mandat nicht annehmen wird“, sagte Woidke. Später hieß es, dass Schreiben sei unterwegs. Auffällig war jedenfalls, wie Woidke und Stohn den Ex-Kandidaten lobten, dass er seinen Fehler eingesehen habe.
Trotzdem ist weiter unklar, warum in der SPD die Täuschungen Vauts nicht früher auffielen. „Natürlich fragt man sich das. Hätte man nicht gewarnt sein müssen?“, sagte Woidke. Es sei dennoch keine Alternative, Kandidaten hinterherzuschnüffeln. „Solche Methoden lehne ich ab.“
Ungereimtheiten bleiben auch bei der Rolle des SPD-Unterbezirks Brandenburg an der Havel. Britta Kornmesser, Fraktionschefin im Stadtparlament und Landtagskandidatin, hat Vaut über Monate eine Postadresse ihrer Wohnung – samt Klingelschild – zur Verfügung gestellt. Vaut habe den Parteifreunden in der Stadt erklärt, dass er bei der Freundin rausgeflogen sei, mit gepackten Koffern, Unterschlupf brauche, sagte Stohn. „Wir sind solidarisch. Da hat Frau Kornmesser geholfen.“
Die hat inzwischen erklärt, dass Vaut keine einzige Nacht dort gewohnt hat. Spätestens seitdem muss bekannt gewesen sein, dass Vaut als Fake-Brandenburger im Wahlkampf für die SPD unterwegs war. Woidke und Stohn stellten sich uneingeschränkt hinter die Stadt-SPD.