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Siemens-Schriftzug an einer Werkseinfahrt in Berlin
© dpa/Rainer Jensen

Innovationscampus: Siemens-Investition ist eine Jahrhundertchance für Berlin

Siemens investiert 600 Millionen Euro in Berlin. Der Regierende Bürgermeister beweist, dass die Stadt erhebliche Kräfte freisetzen kann. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Mit Superlativen muss man in Berlin vorsichtig sein. Der Ruf der Stadt und ihrer Einwohner, den Mund schon mal etwas zu voll zu nehmen, kommt ja nicht von ungefähr. Aber das Innovationsprojekt, das am Mittwoch gemeinsam vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser und seinem Vorstandskollegen Cedrik Neike im Roten Rathaus vorgestellt werden wird, ist eine Jahrhundertchance für die Hauptstadt.

600 Millionen Euro will der Weltkonzern in der Berliner Siemensstadt in den kommenden Jahren in einen Campus investieren. Auf ihm wollen die Siemensentwickler zusammen mit Partnern aus der Hochschullandschaft, der Wissenschaft und der Industrie die Transformation von der realen in die digitale Welt vorantreiben.

Sie werden dabei zusammen mit der vitalen Start-up-Szene Technologien und Verfahren erforschen, die den Wirtschafts-Standort Berlin stärken, aber vor allem auch den Ruf Deutschlands als globalen Spitzenreiter im Bereich der neuen Technologien festigen können.

Ein Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln

Raum für das Projekt ist in Siemensstadt reichlich vorhanden. Dem Unternehmen gehören im Westen Berlins rund 700.000 Quadratmeter Grund und Boden, nur 245.000 davon sind bebaut. Da kann nicht nur ein moderner Campus entstehen, mit Forschungs- und Fertigungskapazitäten, da ist auch Platz für neues Wohnen und Bürogebäude.

Durch den Krieg und die nachfolgende Teilung Deutschlands musste Siemens seinen Hauptsitz vom Gründungsplatz Berlin nach Bayern verlegen. Der größte Produktionsstandort blieb jedoch da, wo der Ruf der Weltmarke Siemens vor mehr als 170 Jahren begründet wurde. Hier entwickelte sich die Firma innerhalb weniger Jahre zu einem der weltweit größten Elektrounternehmen. Siemens verlegte die erste weitreichende Telegrafenlinie Europas und Transatlantikkabel, entwickelte gewaltige Generatoren, verbesserte die in Amerika erfundenen Telefone und baute Straßenbahnen, Lokomotiven und ganze Kraftwerke.

Aus Berlin kommen bis heute gewaltige Gasturbinen. Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 370.000 Menschen. Mit dem Beschluss, den Innovationsstandort hier, in Berlin, zu errichten, gegen harte Konkurrenz hoch qualifizierter internationaler Standortbewerber, etwa Singapur, schließt sich für Siemens und Berlin ein Kreis.

Industrie-Investitionen in Berlin? Wer hätte das gedacht!

Niemand hatte noch vor wenigen Monaten erwartet, dass sich überhaupt noch einmal eine solche gewaltige Investitionsmöglichkeit im industriellen Sektor ergeben könnte. Damit wird für Berlin das Tor in eine Zukunft aufgestoßen, in der es doch wieder eine wirtschaftliche Dynamik durch ein Weltunternehmen geben kann.

Dass dies geschieht, ist ein Beweis des Vertrauens in die Kraft dieser Stadt und auch in die Fähigkeiten ihrer Politik. Anders als in früheren Fällen, wo sich politische und Verwaltungsinstanzen Berlins verzettelten und gegenseitig blockierten, hat der Regierende Bürgermeister hier offenbar über eine kompetente Steuerungsgruppe den Beweis erbracht, dass auch die Stadt selbst erhebliche Innovationskräfte freisetzen kann. Wenn nicht alles täuscht, trug der Bund ebenfalls seinen Anteil an dem Erfolg bei, etwa bei der Frage der Schaffung moderner Kommunikationswege.

Ja, es ist eine Jahrhundertchance, ein Modernisierungsschub, der die ganze Stadt voranbringen kann. Dieser Innovationscampus kann Kräfte freisetzen, die einen solchen Impuls brauchten – ein Zeichen des Vertrauens und der Zuversicht gegen all jene, die immer zweifeln, dass es in diesem Land noch einen Geist des Aufbruchs gibt. Es ist ein guter Tag, für Siemens, für Berlin, für den Standort Deutschland.

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