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Der „Degewo-Skywalk“ in Marzahn. Die Landesfirma machte im Jahr 2017 Gewinn, trotz Zurückhaltung bei den Mieterhöhungen.
© Degewo

Mieten in Berlin: Sicher wohnen bei landeseigenen Unternehmen

Glücklich ist, wer in einer der 310.000 landeseigenen Wohnungen lebt: Die Mieten sind günstig und die Verwaltung ist solide.

Wer günstig wohnen will, ist bei einem der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen gut aufgehoben. Aber warum ist das so, und gilt das auch, falls das Land privatisierte Wohnungsbestände zurückkauft? Ja, denn die landeseigenen Firmen sind strengeren sozialpolitischen Regulierungen unterworfen als private Unternehmen. Die einen verfolgen eine soziale Mietenpolitik – zum Geschäftsmodell der anderen gehört es, die „stillen Reserven“ aus einem Wohnungsbestand zu heben und dieser liegt im Spielraum für Mieterhöhungen. Denn der Wert einer Firma bemisst sich an deren Mieteinnahmen.

Mieter in privaten Beständen müssen auch mit höheren Umlagen im Falle von Modernisierungen rechnen. Die Deutsche Wohnen hatte außerdem wiederholt Mieterhöhungen jenseits der Grenzen des Mietspiegels verlangt und hatte zu deren Durchsetzung gegen Mieter geklagt. Das gibt es bei landeseigenen Firmen so nicht. Noch ein Unterschied: Haushalte mit wenig Einkünften hätten bessere Chancen, eine Wohnung aus dem GSW-Bestand zu bekommen, wenn diese rekommunalisiert würden. Denn landeseigene Firmen müssen feste Anteile ihrer Wohnungen – und nicht nur der subventionierten Sozialwohnungen – an Geringverdiener vermieten.

Durchschnittliche Nettokaltmiete unterhalb des Mietspiegels

Seit dem Dienstantritt von Katrin Lompscher (Linke) als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen vor gut einem Jahr wurden die sozialpolitische Regulierungen sogar noch verschärft. Diese gelten für fast 310.000 Wohnungen der landeseigenen Firmen Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land sowie WBM. Und auch das ist ein Grund dafür, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete im Bestand im Jahr 2017 bei 5,91 Euro je Quadratmeter und damit unterhalb des Durchschnittswertes laut Mietspiegel 2017 (6,47 Euro) lag.

Trotz der Zurückhaltung bei den Mieterhöhungen erzielen die Landesfirmen Millionengewinne. Die größte der sechs landeseigenen Gesellschaften, die Degewo, hat allein im vergangenen Jahr fast 170 Millionen Euro eingenommen. Dabei nimmt der Senat die Firmen immer stärker in die Pflicht, indem er massive Investitionen in den Neubau von Wohnungen sowie den Ankauf von Beständen fordert. So soll die Zahl der kommunalen Wohnungen bis zum Jahr 2021 auf 360.000 steigen, so lautet die politische Vorgabe – 30 000 davon durch Neubau.

Den kräftig gestiegenen Baukosten können sich diese Unternehmen nicht entziehen, was zuletzt eine Kontroverse zwischen dem Senat und den Firmen auslöste: Zur Finanzierung der Kosten ist eine Miete von rund zwölf Euro je Quadratmeter nötig, zu viel für die meisten Berliner.

Ziel der "sozialverträglichen Mieten"

Diese Lücke will der Senat schließen, indem er landeseigene Grundstücke kostenlos an die eigenen Firmen überträgt und auf diesem Wege die Vergabe teurer Wohnungen zu günstigen Mieten subventioniert. Das ist deshalb notwendig, weil die landeseigenen Firmen seit Juli vergangenen Jahres jede zweite neu gebaute Wohnung an Haushalte mit geringen Einkünften vergeben müssen. Zum Zuge kommt, wer einen Wohnberechtigungsschein bekommt. Auf diesen hat aufgrund der geringen Gehälter in Berlin jeder Zweite einen Anspruch. Dazu kommt noch, dass die Unternehmen die andere Hälfte der Wohnungen für weniger als zehn Euro je Quadratmeter vermieten sollen.

Ähnliche Vorgaben macht der Senat auch bei den auf dem Markt erworbenen Wohnungen: Liegen die Mieten in einem Haus über 6,50 Euro je Quadratmeter nettokalt, dann müssen die landeseigenen Unternehmen jede frei werdende Wohnung in der Immobilie für maximal 6,50 Euro je Quadratmeter wiedervermieten, weit unter Marktmiete – kein Privater unterliegt solchen Regulierungen.

Die Langzeitrecherche „Wem gehört Berlin“ ist eine Kooperation des Tagesspiegels mit dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv. Auf unserer Plattform wem-gehoert-berlin.de können Sie uns mitteilen, wer Eigentümer Ihrer Wohnung ist, und welche Erfahrungen Sie mit Ihrem Vermieter gesammelt haben. Mithilfe der Daten suchen wir nach unverantwortlichen Geschäftspraktiken und machen den Immobilienmarkt transparenter. Eingesandte Geschichten werden nur mit Ihrer Einwilligung veröffentlicht.

Landeseigene Firmen: „Wir können nicht ewig so weitermachen“

Nicht nur neue Wohnungen, sondern auch ihren Bestand müssen die Kommunalen einsetzen, um den Anstieg der Mieten abzubremsen: Ein Plus von maximal zwei Prozent im Jahr gewährt ihnen der Senat. Und wenn sie Wohnungen modernisieren, dürfen die Firmen nur sechs statt der gesetzlich zulässigen acht Prozent auf die Miete umlegen. Und auch das nur, wenn die neue Miete das sonst Ortsübliche um nicht mehr als zehn Prozent übersteigt.

Das alles und mehr hat der Senat mit seinen Firmen in einer „Kooperationsvereinbarung“ festgelegt, mit dem Ziel „sozialverträgliche Mieten“ bei den städtischen Immobilien zu erhalten. Dazu zählt beispielsweise auch, dass „bei Härtefällen“ die Miete 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen darf.

„Soziale Bestandsbewirtschaftung und soziale Wohnungsbaupolitik“ nennt Lompscher ihre Vorgaben. Wobei die landeseigenen Firmen unter der Last der Aufgaben zunehmend ächzten: „Wir können nicht ewig so weitermachen“, sagte ihr Sprecher, Jörg Franzen, vor Kurzem. Spätestens in zwei Jahren seien die Baureserven im Bestand sowie auf den vom Land übertragenen Grundstücken aufgebraucht. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) stellte die Überweisung weiterer Millionen in Aussicht.

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