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Clemens Mayer-Aull vor zwei Gemälden der Berliner Künstlerin Ina Barfuss. Die Bilder hat er für die Auktion gespendet. Sie gehen mit je 3500 Euro an den Start.
© Georg Moritz

Kunstauktion der evangelischen Landeskirche: Sich Gutes ausmalen

Am Sonntag findet die Kunstauktion der evangelischen Landeskirche in der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg statt. Mäzene stiften Bilder und helfen damit Flüchtlingen. Jeder kann mitsteigern, so Flüchtlingskindern helfen und Initiativen gegen Rassismus unterstützen.

Jedes Jahr im Herbst, wenn sich draußen die Blätter färben, verwandelt sich das nüchterne Verwaltungsgebäude der evangelischen Landeskirche in Friedrichshain in eine Kunstgalerie. Streift man durch die Flure und Büros, fesseln leuchtende Farben oder zarte Bleistiftskizzen den Blick, es geht vorbei an wilden Pinselstrichen und akkuraten Formen, an zeitgenössischen Werken und solchen, die vor 20, 50 oder hundert Jahren entstanden sind. Liebhaber der Künste und Freunde des sozialen Engagements wissen in dieser Jahreszeit: Die Kunstauktion der Landeskirche naht.

Am Sonntag ist es wieder so weit. Auktionator Detlef Gosselck setzt seinen Hut auf, stellt sich in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche ans Pult vorm Altar, schüttelt lockere Sprüche aus dem Ärmel und schwingt sein Hämmerchen. Dieses Jahr sollen rund hundert Bilder versteigert werden. Darunter sind Gemälde namhafter Künstler wie Johannes Grützke, Elvira Bach, Jim Avignon oder Lou Albert-Lasard. Die Idee, finanzstarke Zielgruppen auf kreative Weise anzusprechen, haben inzwischen schon etliche Landeskirchen kopiert. In den vergangenen 17 Jahren sind über eine halbe Million Euro zusammengekommen. Von dem Geld haben Flüchtlinge Deutsch gelernt und Berufsausbildungen begonnen, sie konnten sich rechtlich beraten lassen, alleinreisende Flüchtlingskinder wurden betreut, Initiativen gegen Rassismus und Rechtsextremismus unterstützt. Das alles wäre nicht möglich ohne die Mäzene, Galeristen und Künstler, die Gemälde, Drucke und Skulpturen aus ihrem Fundus zur Versteigerung spenden. Dieses Jahr hat sich in dieser Hinsicht besonders Clemens Mayer-Aull hervorgetan.

Es soll allein um die Kunst gehen und darum, dass damit armen Menschen geholfen wird

Der große Mann mit weißem Haarschopf kommt in Cordhose, Pullover und Jackett mit Einstecktuch in die Kirchenverwaltung und grüßt mit kräftigem Händedruck. Ein bisschen unangenehm ist ihm das Treffen, erst nach langem Zureden ist er bereit, sich fotografieren zu lassen. Denn Clemens Mayer-Aull möchte nicht im Mittelpunkt stehen. Es soll allein um die Kunst gehen und die Auktion und darum, dass möglichst vielen armen Menschen geholfen wird.

Die „Kleine Barszene“ hat die deutsch-französische Malerin Lou Albert-Lasard 1923 gemalt. Das Aquarell ist bei 980 Euro angesetzt.
Die „Kleine Barszene“ hat die deutsch-französische Malerin Lou Albert-Lasard 1923 gemalt. Das Aquarell ist bei 980 Euro angesetzt.
© Georg Moritz

So wünscht er sich, dass vieles Interessante, das er über sein Leben und das Leben seiner Eltern und Großeltern erzählt, bitte nicht in der Zeitung stehen möge. Nur so viel: Clemens Mayer-Aull ist der Spross einer wohlhabenden Berliner Familie. Die Mutter fotografierte in den 20er Jahren in Berlin und war befreundet mit Rudolf Springer, dem Sohn der weitverzweigten Verlegerfamilie und nach dem Krieg wichtigster Kunsthändler und Galerist in West-Berlin. Noch als Schüler erwarb Mayer-Aull seine ersten Kunstwerke, es waren Zeichnungen von Victor Vasarely, später erbte er die Kunstsammlung der Eltern und veränderte sie nach seinem Geschmack. Das nötige Kleingeld dazu verdiente er im Management einer Kaufhauskette, später als Unternehmensberater und seit 2001 damit, dass er maßgeschneiderte Golfschläger baute.

Nebenbei engagierte er sich für soziale Projekte, sammelte mit dem Rotary Club Geld oder bei privaten Dinnerpartys. Seit vielen Jahren verfolgt er die Kunstauktion der evangelischen Kirche. Und dieses Jahr passte einfach alles zusammen: Er und seine Frau wollen sich räumlich verkleinern, es passen nicht mehr alle Bilder in die neue Wohnung und auch nicht in die Wohnungen der Kinder. Warum also nicht das Nützliche mit dem Geeigneten verbinden und die Bilder spenden?

"In der globalisierten Welt müssen wir mehr aufeinander aufpassen"

„In der globalisierten Welt müssen wir mehr aufeinander aufpassen“, sagt Clemens Mayer-Aull. Er wolle Not lindern und vor allem Flüchtlingen helfen. „Da sind gewisse Sensibilitäten vorhanden“, sagt er. In den 30er Jahren mussten Mitglieder der eigenen Familie fliehen und haben bittere Erfahrungen gemacht.

Clemens Mayer-Aull bleibt bei seinem Spaziergang durch das kirchliche Verwaltungsgebäude vor zwei großen Gemälden von Ina Barfuss stehen. „Gut gehängt“, sagt der Kunstkenner und freut sich. Die beiden Gemälde hingen bis vor kurzem bei ihm zu Hause. Er habe extra Werke von Berliner Künstlern gespendet, weil er hofft, „dass die bei einer Berliner Auktion am meisten Geld bringen“.

Bei den beiden Bilder von Ina Barfuss liegt das Mindestgebot jeweils bei 3500 Euro, ebenso bei einer Kohlezeichnung von Brigitte Matschinsky-Denninghoff. Ein wildes Gemälde mit viel Rot und Schwarz von Thomas Wachweger wird der Auktionator für 800 Euro anpreisen. Es falle ihm natürlich nicht leicht, sich von Bildern zu trennen, sagt Mayer-Aull. Aber der gute Zweck tröstet. Clemens Mayer-Aull geht weiter, betrachtet die anderen Bilder, beugt sich zu diesem und jenem näher hin und studiert es noch genauer. Es sind einige dabei, die ihm gut gefallen. Er will am Sonntag auch zur Auktion kommen. Und wer weiß, vielleicht ersteigert er ja selbst etwas.

Kunstauktion am 13. Oktober ab 14 Uhr, in der Kirche zum Heiligen Kreuz, Zossener Str. 65 in Kreuzberg. Einlass ist ab 13 Uhr. 400 preiswertere Bilder kann man am Samstag, 12. Oktober, von 12 bis 18 Uhr an selber Adresse im Galerieverkauf erwerben. Der Katalog mit Preisen ist auch online einsehbar: www.kunstauktion.ekbo.de

Claudia Keller

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