SONNTAGS um zehn: Mit Hut und Hämmerchen
Vor dem Altar der Heilig-Kreuz-Kirche am Blücherplatz wird bei einer Kunstauktion geboten und politisiert.
„Jetzt müssten Sie noch 400 sagen, dann gibt es Applaus, dann wird geschunkelt, und wir machen eine Welle!“ Detlef Gosselck war in seinem Element. Vor dem Altar der Heilig-Kreuz-Kirche am Blücherplatz klopfte der Autor und Galerist reihenweise Sprüche – und immer wieder auch mit dem kleinen, silbernen Hämmerchen aufs Pult.
Zum mittlerweile 17. Mal fand in dem Gotteshaus die Kunstauktion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zugunsten von Projekten für Flüchtlinge und Migranten statt. Mit 650 Gemälden, Drucken und Holzschnitten spendeten Berliner und Brandenburger Künstler, Galerien und Privatsammler so viele Werke wie nie zuvor. Wer gestern in die Kirche kam, konnte Schnäppchen machen: Eine Aquarellmalerei des Berliner Künstlers Marwan etwa ging für 800 Euro weg, im Katalog waren dafür 1200 Euro aufgerufen.
Lange lief die Auktion nur schleppend. „Das ist ja fast schon Einzelberatung hier“, meckerte Gosselck. „Da brauche ich wohl ein Extrahonorar.“ Erst bei einem Linolschnitt von Johannes Grützke, der einen schreienden Mann mit Punkfrisur zeigt, gab das Publikum die Zurückhaltung auf. „1200, 1220, 1250 Euro“, jubilierte Gosselck unter dem Applaus des Publikums. Am Ende fand das Werk für 1600 Euro einen neuen Besitzer – und erbrachte doppelt so viel wie vorgesehen. Gosselck war zufrieden. In diesem Jahr war der Auktionator zum ersten Mal mit einem weißen Schlapphut in die Kirche gekommen. Die gewohnte schwarze Kopfbedeckung habe „zu sehr wie Gunther von Hagens“ ausgesehen, fand er.
Zuvor hatte der Schirmherr des Events, Kabarettist Georg Schramm, die kunstbegeisterten Berliner in die Pflicht genommen. Politisch war sein Appell in der Kirche, in der vor 30 Jahren das erste Berliner Kirchenasyl stattgefunden hatte. Sein Thema: Europa in der Krise. „Auch die, die in Griechenland Selbstmord begehen, müssen bei uns die Frage auslösen: Wer hat sie in den Tod getrieben?“ Für Schramm ist die Antwort klar: Europa, das den Griechen eine Prämie zur Stillegung ihrer Fischerboote gezahlt und anschließend die griechischen Meere mit Fabrikfangschiffen leergefischt habe, trage daran Schuld.
Auch Bischof Markus Dröge erinnerte an das Schicksal der Flüchtlinge, die nach Europa kommen. Die Auktion sei eine Geste, den Fremden zu begegnen. Doch 80 Prozent der Flüchtlinge weltweit fänden in Ländern mit geringerer Wirtschaftskraft Aufnahme, als die Bundesrepublik sie aufweise. „In Deutschland sind die Einreisezahlen nicht dramatisch“, sagte Dröge. Zwar bestehe durch die in den letzten Jahren erfolgte Stilllegung von Flüchtlingsunterkünften nun ein Mangel. Und die Kirche prüfe auf Bitten der zuständigen Landesbehörden gerade, wie sie helfen könne. Aber „es gibt keinen Grund, heute über eine Einschränkung der Visumpflicht nachzudenken.“
Informationen zum Nachverkauf gibt es unter www.kunstauktion.ekbo.de.
Benjamin Lassiwe
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