Zensierte Aktzeichnungen: Senatorin Dilek Kolat rügt Zensur von Nacktbildern
Im Streit um die zensierte Ausstellung der Künstlerin Susanne Schüffel in der Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf hat sich auch Frauen- und Integrationssenatorin Dilek Kolat zu Wort gemeldet. Die Verbannung von sechs Frauenakten kritisiert die SPD-Politikerin als „falsch gemeinte Integration“.
Auch Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin, hat „Unverständnis“ darüber geäußert, dass der stellvertretende Leiter der VHS, Gotthard Hänisch, die Bilder entfernen ließ, und ihm ein falsches Verständnis von Integration vorgeworfen.
Wie berichtet, hatte Hänisch das Abhängen der Aktbilder damit begründet, er wolle Rücksicht auf muslimische Frauen nehmen. Dies zielte auf die Asylbewerber im nahe gelegenen Heim in der Carola-Neher-Straße, denen die VHS Sprachkurse anbietet. Die Kulturstadträtin des Bezirks, Juliane Witt (Linke), hatte vorgeschlagen, nach einem Kompromiss zu suchen. Man könnte die Bilder an einem anderen Ort zeigen.
Der Vorgang steht in der Tradition einer langen Reihe von Akten der Kunstzensur in Berlin und anderswo, die es zu allen Zeiten aus den unterschiedlichsten Motiven gegeben hat. Er erinnert an das Aus für eine Ausstellung der Malerin Iryna Fedder, die im Februar aus dem Lichtenberger Stadtteilzentrum Kultschule verbannt wurde. Der Verein und seine Gäste, in der Hauptsache Senioren, konnten mit den Bildern, in diesem Fall weitgehend rote, blaue, schwarze Quadrate in der Tradition Malewitschs, nichts anfangen. „Zu düster, zu bedrückend“, hieß es aus der Vereinsleitung. Weniger hart traf es späte erotische Arbeiten von George Grosz, die bei der Ausstellung „Berlin – New York“ 1994/95 in der Neuen Nationalgalerie zwar zu sehen waren, aber schamhaft versteckt in einem abgelegenen Winkel.
Zensurmaßnahmen, ärgerlich für die Betroffenen, erwiesen sich im Rückblick mitunter als segensreich, erwuchsen so doch Impulse zur Erneuerung der Kunst – was in Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf kaum eintreten dürfte. Einer der berühmtesten Fälle war die Munch-Affäre von 1892/93: Seine Ausstellung im Verein Berliner Künstler musste nach Protesten konservativer Mitglieder und einer Abstimmung vorzeitig geschlossen werden. Es kam zu ersten Abwanderungstendenzen, die 1898, als ein Gemälde Walter Leistikows für die Große Berliner Kunstausstellung abgelehnt wurde, zum Bruch führte. 65 Künstler spalteten sich ab, mit Max Liebermann als Präsidenten – die Geburt der Künstlervereinigung Berliner Secession.
Andreas Conrad
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