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Männlich, schwul, verdächtig. In Erziehungsberufen sind männliche Kollegen eine Minderheit.
© Robert Schlesinger/dpa

Muslimische Eltern gegen homosexuellen Erzieher: Senat: "Wir dulden keine Diskriminierung"

Die Politik ist sich einig: Der Kita-Fall um einen schwulen Erzieher muss eine Ausnahme bleiben. Allerdings klagt die Senatsverwaltung über Vorbehalte vieler Eltern bei männlichem Personal.

Ein Einzelfall, der bei Berlinern und Politikern für Empörung sorgt: In Reinickendorf haben muslimische Eltern so massiv gegen einen schwulen Kita-Erzieher protestiert, dass dieser zunächst, wie berichtet, dort nicht arbeiten wollte. Die Geschäftsführerin trennte sich von den Eltern, die mit einer Unterschriftenaktion drohten. Der Erzieher arbeitet jetzt in der Kita, doch spürt er weiter Druck und Misstrauen. Das missbilligt die Politik. „Wir dulden keine Diskriminierung. Wir möchten den Anteil der männlichen Erzieher in den Kitas erhöhen, da diese ein wichtiges Rollenvorbild für die Kinder sind“, sagte Sandra Scheeres (SPD), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, dem Tagesspiegel.

Allerdings sei bekannt, dass es „immer wieder bei Eltern Vorbehalte gegenüber männlichen Erziehern gibt“. Diesen gelte es entgegenzuwirken. Die Männerquote in Kindertageseinrichtungen liegt in Berlin bei 9,8 Prozent: Fast jeder zehnte Mitarbeiter ist ein Mann. Von 27 651 Beschäftigten in Tageseinrichtungen sind 2714 Männer und 24 937 Frauen. Von einem vergleichbaren Fall, bei dem ein homosexueller Erzieher diskriminiert wurde, hat die Senatsverwaltung jedoch noch nicht erfahren.

Aber wie verbreitet sind Diskriminierungen von homosexuellen Pädagogen? „Es gibt eine latente Homophobie gerade im Kita- und Grundschulbereich“, sagt Nuri Kiefer. Er leitet den Vorstandsbereich für Lehrer bei der GEW, engagiert sich in der „Arbeitsgemeinschaft Schwule Lehrer“ und ist Direktor der Gemeinschaftsschule Campus Hannah Höch im Märkischen Viertel. „Solche krassen Vorfälle bekommen wir nur sehr selten zu hören.“ Das Thema Homosexualität sei nach wie vor mit Tabus behaftet, und für Erzieher sei es noch schwieriger als für Lehrer, sich zu outen – auch weil sie fürchten, dann womöglich der Pädophilie verdächtigt zu werden. Denn bei der Arbeit mit kleinen Kindern kommt es zwangsläufig zu Körperkontakt.

Eine größere Akzeptanz für sexuelle Vielfalt und für vielfältige Lebensformen ist eine politische Aufgabe, die über den Religionen und über den Kulturen steht [...].

schreibt NutzerIn fluechter

„Vorfall nicht akzeptabel“

Kiefer hat die Erfahrung gemacht, „dass ein offener Umgang und eine klare Haltung der bessere Weg ist“. Lehrer und Erzieher, die sich nicht verstecken müssten, seien zufriedener, für die Kinder authentischer und für viele auch ein Vorbild. Er selbst lebt offen schwul und hat mehrere schwule und lesbische Lehrkräfte in seinem Kollegium. Ja, es komme auch vor, dass Schüler abwertend über Homosexuelle reden. „Wir gehen aktiv damit um und sprechen sie dann an. Man sollte so etwas weder unter den Teppich kehren noch dramatisieren.“ An der Hannah-Höch-Schule sei der Umgang mit sexueller Vielfalt immer wieder Thema im Unterricht und im schulischen Leitbild verankert. In der Grundstufe werde über Familienformen und Schönheitsnormen gesprochen, in den Klassen 7 bis 10 hätten die Jugendlichen beim Projekt „Jetzt mal ehrlich“ Gelegenheit, in geschütztem Rahmen über Sexualität, Liebe und Pornografie zu sprechen.

Die Koalition arbeitet derzeit an der Fortsetzung der 2010 aufgelegten Initiative „Sexuelle Vielfalt“. So sollen an immer mehr Schulen Kontaktlehrer Ansprechpartner für schwule oder lesbische Schüler sein. Melanie Kühnemann, SPD-Sprecherin für Jugend, Familie und Queerpolitik, sagte, man müsse bei Ressentiments zunächst Gespräche führen, dürfe aber, wie im Reinickendorfer Fall, auch nicht zurückweichen. „Muslimische Eltern haben zu akzeptieren, dass es auch andere sexuelle Orientierungen gibt.“ Für Hakan Tas, Sprecher der Linksfraktion für Inneres und Partizipation, ist der „Vorfall nicht akzeptabel“.

Aufklärerische Gespräche

Tas, der offen schwul lebt, fordert eine Diskussion ohne Ressentiments und Anfeindungen. Mit muslimischen Eltern müssten aufklärerische Gespräche geführt werden. „Auch die islamischen Verbände sind hier in der Pflicht.“ Niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden, sagten Paul Fresdorf, FDP-Sprecher für Bildung, Jugend, Familie und Integration, und Sebastian Walter, Grünen-Sprecher für Antidiskriminierungs- und Queerpolitik. „Wenn man Religionsfreiheit fordert, gilt das auch für die sexuelle Orientierung“, sagte die CDU-Abgeordnete Katrin Vogel. Dieses Beispiel verdeutliche, dass „archaische Ansichten offensichtlich viel tiefer im Islam verwurzelt sind“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Frank-Christian Hansel. Eine falsche Integrationspolitik verschleiere das.

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