Berlin-Friedrichshain: Senat und Bezirk einigen sich auf Vorgehensweise in der Karl-Marx-Allee
Die Deutsche Wohnen will 700 Wohnungen kaufen. Berlin will das verhindern. Ein Gutachten prüft, ob Mieter stellvertretend für das Land kaufen können.
Das Ringen um 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee ist am Mittwochabend in eine weitere Runde gegangen. Noch ist keine endgültige Lösung gefunden, Senat und Bezirk haben sich aber auf verschiedene Varianten geeinigt, wie der Verkauf an den Konzern Deutsche Wohnen verhindert werden könnte.
Bei dem Treffen zwischen Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof (SPD), Baustaatssekretär Sebastian Scheel (Linke) und dem Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), wurde beschlossen, zwei Strategien parallel zu verfolgen: die Übernahme der Wohnungen durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft und die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die jeweiligen Mieterinnen und Mieter.
„Beide Wege lassen wir derzeit juristisch prüfen“, sagte Scheel dem Tagesspiegel. Mieter, die selbst das Vorkaufsrecht für ihre Wohnung ausüben wollen, sollen dabei von der Investitionsbank Berlin (IBB) unterstützt werden. Die genauen Modalitäten werden jetzt von der Senatsverwaltung für Finanzen und der IBB ausgearbeitet.
Ein großer Teil der Betroffenen – Schmidt geht von 90 Prozent der Mieter aus – wird sich den Wohnungskauf voraussichtlich aber nicht leisten können oder wollen. Der Baustadtrat setzt deshalb auf Rekommunalisierung und würde die Wohnungen gern vom Land kaufen lassen. Das Problem: 620 der 700 Wohnungen liegen nicht im Milieuschutzgebiet, das bezirkliche Vorkaufsrecht ist deshalb hier nicht anwendbar.
Schmidt hat ein Modell vorgeschlagen, mit dem Mieter ihre Wohnungen stellvertretend für das Land erwerben. Über einen Treuhandvertrag mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft würden ihnen bestimmte Rechte und Pflichten übertragen. Schließlich würden die Bewohner ihr Vorkaufsrecht an die Wohnungsbaugesellschaft abtreten.
Gutachten soll bis Freitag Ergebnisse bringen
Diesem Modell steht die Senatsverwaltung für Finanzen allerdings kritisch gegenüber. Sie gehe nicht davon aus, dass es eine „realistische und rechtssichere Möglichkeit zur Rekommunalisierung“ gebe, hatte Staatssekretärin Sudhof Anfang der Woche in einem Brief an die betroffenen Mieter geschrieben. Dennoch habe man sich auf ein von allen Seiten akzeptiertes Anwaltsbüro geeinigt, das im Auftrag des Bezirkes bis Freitag die Möglichkeiten prüfen und eine daraus folgende Konstruktion entwickeln solle, teilte Staatssekretär Scheel mit. „Unser gemeinsames Ziel ist, die Mieter zu schützen und eine dauerhafte Gemeinwohlorientierung anzustreben", bestätigte auch Stadtrat Schmidt. Er hofft, 50 Prozent der Eigentümeranteile in den Wohnblöcken über das Treuhandmodell zu bekommen. Die Zeit drängt: Bis zum 5. Januar muss alles über die Bühne gegangen sein. Sonst gehen die Wohnungen in den vier betroffenen Blöcken östlich des Strausberger Platzes an die Deutsche Wohnen. Für den Fall fürchten Mieter drastische Mieterhöhungen und Verdrängung. Das börsennotierte Unternehmen Deutsche Wohnen steht immer wieder wegen rigider Mieterhöhungsstrategien in der Kritik. „Wir haben jetzt zwar verschiedene Modelle, aber noch keine Klarheit“, sagt Schmidt. „Eigentlich müssten wir jetzt schon die Mieter mobilisieren.“ Die Senatsverwaltung für Finanzen geht davon aus, dass die Deutsche Wohnen den Zeitraum um Weihnachten absichtlich für den Kauf gewählt habe, um ein staatliches Eingreifen zu erschweren. Eine Informationsveranstaltung zum Wohnungskauf mit Unterstützung der IBB sollte am Donnerstagabend stattfinden.