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Asyl in Berlin: Senat öffnet alle Hallen in Tempelhof für Flüchtlinge

Weitere Flüchtlinge sollen im alten Airportgebäude und auf dem Flugfeld unterkommen. Derweil gibt es Diskussionen um die Grüne Woche.

art

In Berlin fällt bei der Unterbringung der Flüchtlinge und anderer Zuwanderer offenbar das nächste Tabu. Angesichts der nicht nachlassenden Ankünfte „ist davon auszugehen, dass alle Messehallen auf dem alten Flughafengelände Tempelhof belegt werden müssen“, sagte die Sprecherin von Mario Czaja (CDU), Regina Kneiding, am Mittwochabend. Dies bedeutet das Aus für den Airport als umsatzbringenden Veranstaltungsort für Berlin. Zudem werden am Rande des Flughafengeländes Traglufthallen und die für die IGA vorgesehene Blumenhalle als Notunterkunft errichtet.

Damit werden im Altbau des früheren Airports in Kürze voraussichtlich mehr als 6000 Flüchtlinge auf engstem Raum in Doppelstockbetten ohne größere Aufenthaltsräume und ohne erfüllende Tagesbeschäftigung auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten. Weitere Tausende werden auf dem Flugfeld in Hallen ohne viel Privatsphäre leben. Aus der Not heraus, denn geplante Großnotunterkünfte können laut Kneiding nicht so schnell eröffnet werden wie avisiert. Der Platz in der Stadt und die Kapazitäten von Betreibern, bei Wohlfahrtsverbänden und bei den Sicherheitsbehörden werden äußerst knapp.

Betten statt Traktoren

„Wenn wir nicht noch mehr Turnhallen belegen würden, hätten wir Obdachlosigkeit in der Stadt“, sagte Regina Kneiding. Hangar 4 wurde mittlerweile bezugsfertig gemacht – und war sofort voll belegt. Insgesamt leben bereits jetzt schon 2125 Menschen in den Hangars 1, 3 und 4.

Bei der Messe Berlin glaubt man weiter an die Zusagen des Senats. „Uns ist zugesichert worden, dass die Messehalle 26 ab dem 15. Dezember wieder zur Verfügung steht“, sagte Wolfgang Rogall. Er ist bei der Messe unter anderem für die Grüne Woche zuständig, und die soll am 15. Januar losgehen. Die Halle 26 beherbergt dann unter anderem die Erlebniswelt Heimtiere und den Gartenbaubereich. Noch ist sie jedoch voller Betten – es sind dort 1020 Flüchtlinge untergebracht.

Noch drei Messehallen mehr

Auch Matthias Nowak von den Maltesern, die die Unterkunft betreiben, ist auf den Stichtag eingestellt. Doch wohin es danach geht, weiß er nicht. „Wir Betreiber erfahren so etwas ja meist als Letzte“, sagt Nowak. Das ICC ist dafür im Gespräch, mit knapp 1000 Plätzen – nach heutigem Stand. Laut Rogall beruht die Belegung der Halle auf einem Sicherstellungsbescheid des Lageso, also einem Verwaltungsakt.

Die Sicherstellung ist bis zum 14. Dezember um 24 Uhr befristet. Nach Ablauf der Frist gibt es also keine Grundlage mehr für einen Verbleib der Menschen in der Halle. Die Messe betonte am Donnerstag, dass man davon ausgehe, dass die Grüne Woche stattfindet.

Bundeswehrsoldaten helfen bei der Aufstellung von Zelten für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in einem Hangar des ehemaligen Flughafen Tempelhof.
Bundeswehrsoldaten helfen bei der Aufstellung von Zelten für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in einem Hangar des ehemaligen Flughafen Tempelhof.
© dpa

„Halle 26 kann nicht ernsthaft geräumt werden“, sagt der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke (SPD). „Weil wir nicht wissen, wohin.“ Hanke geht sogar noch weiter: „Es muss sich beim Senat mal einer trauen zu sagen: Wir brauchen noch drei Messehallen dazu.“ Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bewegt sich in diese Richtung. Er wolle keine Menschen in die Obdachlosigkeit schicken, um Traktoren auszustellen, zitieren ihn Mitarbeiter.

Weitere Turnhallen werden geöffnet

Die Bezirksbürgermeister seien sich einig, dass die Stadt ein Mengenproblem hat, berichtet Hanke aus dem Rat der Bürgermeister. Am Dienstag kamen nachts 700 neue Menschen am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) an, am Montag 300. Nur mithilfe von Ehrenamtlichen gelang es, sie unterzubringen. Auch in der Nacht zu heute sollten wieder rund 200 bei Ehrenamtlichen privat unterkommen, weitere Turnhallen geöffnet werden.

Das frühere Best Western Hotel President gegenüber der Urania in Schöneberg wird auch umgebaut. Das Haus hat 182 Zimmer; wenn man vier statt zwei Betten hinein stellt, können fast 400 Plätze entstehen. Die Innenverwaltung hat eine Ankündigung von Innensenator Frank Henkel (CDU) wahrgemacht und den Asylgewahrsam in Grünau freigemacht. Es müssen noch Fenster entgittert und Zwischenschließtüren entfernt werden. Berlin schiebt schon seit Jahren ohne vorherigen Gewahrsam ab, in dem Gefängnis saßen deshalb nur wenige Personen. Dennoch kritisierte die Gewerkschaft der Polizei die Maßnahme als „fatalen Fehler“.

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