Salafismus: Senat macht gemeinsame Sache gegen radikalen Islam
Schüler wetteifern, wer der bessere Muslim ist. Radikale rekrutieren Nachwuchs. Berlin gehört zu den Hotspots - jetzt will der Senat endlich handeln
Der radikale Islam verbreitet sich auf vielen Wegen. Fühlt sich ein muslimischer Schüler von der deutschen Gesellschaft nicht akzeptiert, während ihm Salafisten einfache Antworten auf seine Fragen bieten, so liegt hier ein Radikalisierungsrisiko. Der Wettbewerb unter Schülern, wer der bessere Muslim ist, verschärft dieses noch. Auch über Kanäle wie Youtube verbreiten die Islamisten ihre Propaganda, in den einschlägigen Moscheen sowieso. Häftlinge kommen, wenn man nicht die Imame kontrolliert, über die muslimische Gefängnisseelsorge in Kontakt mit radikalem Gedankengut. Und so weiter.
Das Thema ist komplex, der Umgang damit bisher Stückwerk, doch angesichts der Gefahr, die vom Islamismus ausgeht, haben sich am gestrigen Mittwoch fünf Senatsverwaltungen zusammengesetzt und sich auf ein ressortübergreifendes Landesprogramm geeinigt. Auf Einladung von Innensenator Frank Henkel (CDU) kamen die CDU-Senatoren Thomas Heilmann (Justiz) und Mario Czaja (Soziales) sowie Staatssekretäre der SPD-Senatorinnen Sandra Scheeres (Bildung) und Dilek Kolat (Integration) in die Innenverwaltung. Getagt wurde nicht öffentlich.
Bei einer Anhörung im Verfassungsschutzausschuss Mitte April waren sich die geladenen Experten einig, dass Prävention und Deradikalisierung zwei unterschiedliche Themen sind. Die Prävention zielt auf ganz normale Jugendliche, die ertüchtigt werden sollen, die einfachen Botschaften der Videos kritisch infrage zu stellen, um ihnen nicht auf den Leim zu gehen. Das geht gut in Gruppen. Bei der Deradikalisierung geht es um die Arbeit mit dem Einzelnen, der bereits radikal ist und von diesem Weg abgebracht werden soll.
Nun braucht es Personal und Geld
Ist da ein ressortübergreifendes Landesprogramm überhaupt das Richtige? Ja, findet Claudia Dantschke von der Beratungsstelle Hayat. Sie war beim Runden Tisch dabei und ist bundesweit als Expertin anerkannt. „Wir begrüßen das. Das Landeskonzept muss beide Facetten bearbeiten, und zwar senatsübergreifend, das ist wichtig“, so Dantschke. Deshalb sei es gut, dass die neue Koordinierungsstelle bei der Landeskommission gegen Gewalt angesiedelt werde. Nun müsse sie mit Personal und Geld so unterfüttert werden, dass nachhaltiges Arbeiten möglich ist. Keine der Senatsverwaltungen hatte sich darum gerissen, das ressortübergreifende Projekt bei sich anzusiedeln - zu heikel. „Berlin ist einer der salafistischen Hotspots in Deutschland neben Hessen und Nordrhein-Westfalen“, sagte Dantschke. Jetzt muss noch ein sechster Senator mitmachen: der für Finanzen. Bis Herbst soll der Plan stehen.