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Der Flughafen Tegel, mit vollem Namen Otto Lilienthal, soll nach dem Willen des Senats schließen - zahlreiche Bürger wollen ihn offen halten.
© Sophia Kembowski/dpa
Update

Offenhaltung des Flughafens: Senat lehnt Tegel-Volksbegehren ab

Ohne Diskussion hat der Berliner Senat beschlossen, den Flughafen Tegel wie geplant schließen zu wollen. Die Initiative des Volksbegehrens ärgert sich über eine fehlende fachliche Debatte.

Marcel Luthe ist sauer. Dass sich der Senat am Dienstag ohne Diskussion politisch gegen das Volksbegehren zur Offenhaltung des Flughafens Tegel ausgesprochen hat, trage nicht dazu bei, „dass Bürger Vertrauen in den Senat haben“, sagte der Mitinitiator von „Berlin braucht Tegel“. Der Senat ignoriere „trotzig die Realität“, so Luthe, der sich an „späte Zeiten des Polit-Büros“ erinnert fühlt.

Die Position der rot-schwarzen Landesregierung dagegen ist deutlich: Rechtlich formal genügt der Antrag der Verfassung von Berlin und dem Abstimmungsgesetz. Die Initiative hatte nach drei Monaten Unterschriftensammlung rund 30 000 Unterschriften eingereicht, davon wurden 23 526 für gültig erklärt. Damit war die zweite Stufe im Volksbegehren erreicht. Inhaltlich entspricht das Volksbegehren „nicht den politischen Zielsetzungen des Senats“, steht in der Stellungnahme, die dem Tagesspiegel vorliegt. Eine Offenhaltung von Tegel würde gegen konkrete Landesentwicklungspläne Berlin-Brandenburgs und gegen den Planfeststellungsbeschluss zum BER aus dem Jahre 2004 verstoßen. Sechs Monate nach BER-Öffnung muss Tegel endgültig geschlossen sein.

Ein Weiterbetrieb würde schätzungsweise 400 Millionen Euro kosten

Der Senat verweist auch auf den Masterplan zur Nachnutzung des Areals von Tegel: Dort sollen 10.000 Wohnungen gebaut werden, sich 800 bis 1000 Unternehmen und Institute in einem Forschungspark „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“ ansiedeln und 15.000 bis 20.000 Arbeitsplätze entstehen. Und es geht um Lärmschutz: Ein Weiterbetrieb von Tegel würde hohe Kosten verursachen – laut Schätzung 400 Millionen Euro. Bliebe Tegel nach 2019 langfristig offen, müssten zudem passive Lärmschutzmaßnahmen wie Ent- und Belüfter eingebaut werden. Experten schätzen die Gesamtkosten auf über eine Milliarde Euro. Luthe dagegen spricht von 200 Millionen Euro für den Schallschutz und 150 Millionen Euro für eine Komplettsanierung von Tegel. Er hofft nun auf das Abgeordnetenhaus, das sich innerhalb von vier Monaten mit dem Volksbegehren befassen muss.

Alle Fraktionen sind dagegen

Auch dort sind die Positionen klar: Alle Fraktionen lehnen eine Offenhaltung von Tegel ab. Verkehrspolitiker Ole Kreins (SPD) und Oliver Friederici (CDU) pochen auf das gültige Planungsrecht. Tegel weiter zu betreiben sei „unverantwortlich“. Grünen-Verkehrspolitiker Harald Moritz verweist auf die hohen Belastungen für die Anwohner. Piraten-Fraktionschef Martin Delius sagt, Tegel sei „zu alt und zu klein und eine tickende Zeitbombe“. Auch er benennt die Kosten für den Schallschutz. Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf, Verkehrspolitiker der Linken, weist auch auf das Planfeststellungsverfahren hin. Alle Fraktionen halten die Initiative für eine PR-Aktion für die FDP. Die Liberalen unterstützen die Kampagne. Generalsekretär Sebastian Czaja kündigte an, im Falle einer ablehnenden Position des Abgeordnetenhauses weiter für ein Volksbegehren zu sammeln. Luthe ist übrigens auch FDP-Mitglied und Direktkandidat im Wahlkreis Grunewald/Halensee. Er will seine Tegel-Initiative aber nicht mit Parteipolitik verknüpft wissen.

Die Oppositionspolitiker Wolf, Delius und Moritz ärgern sich aber ebenfalls über den Umgang des Senats mit Volksbegehren. Wolf und Delius sprechen von „purer Arroganz“ zum Beispiel im Umgang mit dem Volksentscheid Energie, wo letztlich ein „Bonsai-Stadtwerk“ übrig geblieben sei. Und die offizielle Kostenschätzung beim Fahrrad-Volksentscheid von über zwei Milliarden Euro sei „künstlich hochgerechnet“. Die Initiative schätzt die Kosten auf 320 Millionen Euro. Statt auf Bürger zuzugehen, versuche der Senat „Tricksereien“, sagt Wolf. Die Regierung fahre „maximalen Konfrontationskurs“, ergänzt Delius. „Der Senat hat aus Niederlagen wie beim Volksentscheid Tempelhof nichts gelernt.“

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