Pädophilie-Skandal in Berlin: Senat lässt "Kentler-Experiment" neu untersuchen
Mit dem Wissen der Senatsverwaltung brachte ein Sexualwissenschaftler in den 70ern Jugendliche bei pädophilen Männern unter. Nun wird der Fall neu untersucht.
Es ist ein verstörender Fall: In den 70er Jahren hat der Sexualwissenschaftler Helmut Kentler (1928-2008) mindestens drei obdachlose Jugendliche bei mehreren pädophilen und vorbestraften Männern untergebracht – mit dem Wissen und der Unterstützung der Senatsverwaltung. Das sogenannte „Kentler-Experiment“ sollte zeigen, ob die Jugendlichen durch die Männer wieder sozial gefestigt werden. 2015 war der Skandal öffentlich debattiert und ein erstes wissenschaftliches Gutachten erstellt worden. Doch viele Fragen blieben.
Die sollen nun beantwortet werden. „Wir wollen eine umfassende Aufklärung“, sagte Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Montag und entschuldigte sich bei den Opfern. Sie werden bereits entschädigt und sollen in die Forschung eingebunden werden. „Jeder Betroffene hat das Recht auf Aufarbeitung“, sagte Wolfgang Schröer von der Universität Hildesheim.
Seit September arbeitet ein vierköpfiges Team von Wissenschaftlern an der neuen Untersuchung. Bis mindestens Ende 2019 werde die Arbeit dauern, so Schröer. Mit seinen Kollegen will er auch Ableitungen für die Zukunft erarbeiten, denn das Problem sei strukturell: „Internationale Studien zeigen, dass Pflegekinder signifikant häufiger Opfer von sexueller Gewalt werden.“ In Deutschland fehle es hier noch an Forschung.
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