Berliner Verwaltung förderte Projekt: Ein Experiment: Jugendliche an Pädophile übergeben
Der Berliner Senat für Jugend hat in den 1970er-Jahren ein Projekt unterstützt, bei dem einschlägig Vorbestrafte 15- bis 17-Jährige betreuen durften. Jetzt ist das Entsetzen groß.
In die Debatte um pädophile Netzwerke ist nun auch der Berliner Senat involviert. Mindestens drei Jugendliche sind in den 1970er-Jahren in die Fürsorge von pädophilen Männern gegeben worden, die wegen sexuellen Missbrauchs inhaftiert gewesen waren. Ausdrücklich unterstützt wurde diese Anordnung von der damaligen Jugendverwaltung. Das Ganze war offenbar Teil eines Experiments.
In einem Gutachten zur Eignung Homosexueller als Pflegeeltern, das 1988 im Auftrag des Senats erstellt wurde, berichtet der Autor davon, der das Ganze eingefädelt hatte. Autor war der Sexualwissenschaftler Helmut Kentler von der Uni Hannover. Das Gutachten ist im Schwulen Museum in der Lützowstraße 73 öffentlich zugänglich. Die pädophilen Männer, zu denen die 15- bis 17-Jährigen geschickt wurden, arbeiteten als Hausmeister.
Dass es zu Missbrauch kommen könnte, nahm Kentler in Kauf. Er legte es offenbar sogar darauf an, dass Pädophile sich um die Jugendlichen kümmern. Und die Verwaltung spielte mit. Kentler schrieb: "Es gelang mir, die zuständige Senatsbeamtin dafür zu gewinnen." Und weiter: „Mir war klar, dass die drei Männer vor allem darum so viel für ,ihre Jungen’ taten, weil sie mit ihnen ein sexuelles Verhältnis hatten.“
Eine angemessene Form finden
Sandra Scheeres, Senatorin für Jugend, Schulen, Forschung und Wissenschaft, sagte dem Tagesspiegel: "Hier liegen Hinweise auf dem Tisch, die eine ganze Menge Fragen aufwerfen. Es ist nun wichtig, eine angemessene Form zu finden, in der wir zu einer Beantwortung dieser Fragen beitragen können." Nach Angaben Scheeres' Pressesprecher Ilja Koschembar "läuft es auf eine Untersuchung durch einen Historiker hinaus".
Auch die SPD-Abgeordnete Iris Spranger zeigt sich schockiert: „Das ist entsetzlich. Dieser Vorgang ist völlig unvorstellbar.“ Sie forderte ebenfalls Aufklärung.
Opfer finden bis heute schwer Hilfe
Aufzuklären ist ein weiterer Vorgang. 1991 unterstützte die Jugendverwaltung laut „Berliner Morgenpost“ eine Projektförderung, bei der es um „die Adressenliste zur schwulen, lesbischen und pädophilen Emanzipation“ ging. Auf die Liste kamen alle Vereine und Gruppen, die sich für Interessen von Homosexuellen, aber auch von Pädophilen einsetzten. Erstellt wurde die Liste vom Schwulen- Informations- und Beratungszentrum „Mann-O-Meter“ – „mit freundlicher Unterstützung durch das Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen der Berliner Senatsverwaltung für Jugend, Frauen und Familie“. Koschembar konnte dazu nichts sagen, weil ihm Unterlagen fehlten. So bleibt unklar, wie lange das Projekt gefördert wurde.
Scheeres: "Opfer dürfen nicht alleine dastehen"
Bis heute ist es für einstige Opfer schwierig, angemessene Hilfe zu erhalten. Es gibt zwar den Runden Tisch gegen sexuellen Missbrauch, doch die Bundesländer haben sich nicht auf einen einheitlichen Kurs geeinigt. Scheeres sagt dazu: "Es muss darum gehen, dass Menschen, die als Kinder oder Jugendliche Opfer sexueller Gewalt geworden sind, mit ihrem Leid nicht alleine dastehen und Unterstützung erhalten. Umso wichtiger ist es, dass das zwischen Bund und Ländern vereinbarte ergänzende Hilfesystem für Opfer sexueller Gewalt möglichst bald an den Start gehen kann. Wir haben uns als Land Berlin sehr aktiv in den Prozess der Aufarbeitung im Zusammenhang mit dem Runden Tisch sexueller Missbrauch der Bundesregierung eingebracht und sind bereit, unserem Teil der staatlichen Verantwortung für entstandenes Leid im Rahmen des neuen Hilfesystems gerecht zu werden. "
Zu der Hilfe gehört auch Unterstützung bei der therapeutischen Arbeit. Diese Hilfe, so ist es angedacht, soll dann auch der jeweils betroffene Arbeitgeber leisten. Wenn ein sexueller Missbrauch an einer Schule stattgefunden hat, wäre dann diese Schule zur Unterstützung verpflichtet.
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