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Auch rund um die Notaufnahme der Charité in Berlin-Mitte arbeiten Beschäftigte der Tochterfirma CFM.
© Maurizio Gambarini/dpa

Rekommunalisierung in Berlin: Senat kauft Charité-Tochterfirma CFM zurück

Der ausgelagerte Berliner Charité-Betrieb CFM soll wieder in Landesbesitz. Um wie viel die Löhne für Reiniger, Wachleute und Boten dann steigen, ist noch offen.

Der Berliner Senat steht vor einer wegweisenden Entscheidung – dem Rückkauf der wohl bekanntesten Tochterfirma der Hauptstadt. Die Charité-Tochter CFM mit fast 2800 Mitarbeitern soll voraussichtlich 2019 vollständig dem Land gehören. Dazu plant der Senat nach Tagesspiegel-Informationen, einen einstelligen Millionenbetrag an die privaten Eigner zu zahlen. Der Rückkauf einst landeseigener Betriebe ist erklärtes Ziel der rot-rot-grünen Koalition und beschäftigt vor allem die SPD. Nun einigten sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen und der für die Charité zuständige Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach, alle in der SPD. „Wir streben eine grundsätzliche Lösung bis zum Sommer an“, sagte Krach. „Wir wollen ein Ergebnis, das insbesondere Verbesserungen für die Beschäftigten der CFM zur Folge hat.“

CFM-Reinigungskräfte in OP-Sälen sind unverzichtbar

Das fordern die Gewerkschaften an der Charité seit Jahren – erst kürzlich hatten CFM-Mitarbeiter gestreikt. Als Reinigungskräfte in den OP-Sälen und Boten von Blutkonserven sind sie unverzichtbar. Unter dem Sparzwang des früheren rot-roten Senats wurden die Boten, Wachleute und Reiniger 2006 aus dem Charité-Tarifsystem ausgegliedert und von der eigens gegründeten CFM beschäftigt. Die Tochter gehört zu 51 Prozent der Universitätsklinik, zu 49 Prozent einem Privatkonsortium aus Dussmann, Vamed und Hellmann. Die Charité selbst ist vollständig im Landesbesitz. Viele der 2800 CFM-Mitarbeiter erhalten hunderte Euro weniger Lohn im Monat als die Kollegen, die nach dem Charité-Stammtarif bezahlt werden.

Charité hätte nicht genug Geld

Derzeit bekommt ein CFM-Reiniger etwa zehn Euro brutto die Stunde, wie in der Branche üblich. Nach Charité-Stammtarif wären es jedoch rund 15 Euro. Die Gewerkschaft Verdi und die CFM-Spitze befinden sich deshalb in Tarifverhandlungen, nächste Woche gibt es dazu ein neues Treffen. Alle CFM-Mitarbeiter wieder nach Charité-Tarif zu bezahlen würde im Jahr bis zu 28 Millionen Euro mehr kosten – Geld, das die Landesklinik derzeit nicht hat. Formal gilt in Deutschland folgende Regel: Die Bundesländer finanzieren Gebäude und Technik der relevanten Kliniken, die Krankenkassen bezahlen Medikamente und Personal. Doch auch wenn die Charité die CFM-Beschäftigten übernähme, dürften die Kassen ihre Ausschüttungen kaum erhöhen. Als wahrscheinlich gilt deshalb, dass der Charité-Tarif nach unten geöffnet wird, dass die Reiniger dann zwar vom Stammhaus bezahlt werden, aber eben nicht 15 Euro, sondern möglicherweise 12,50 Euro bekämen. Auch der frühere Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hatte kurz nach der Wahl im September für eine Wiedereingliederung der Tochterfirmen von Charité und auch Vivantes in ihre Stammhäuser plädiert: „Mit einer intelligenten Haustarifstruktur sollten die Tochtergesellschaften von Charité und Vivantes wieder Teil des Gesamtunternehmens sein.“

Streit auch um Vivantes

Bei Vivantes ist die Lage insofern anders, als dass deren Tochterfirmen noch komplett der landeseigenen Klinikkette gehören. Doch auch dort bekommen viele der 2000 ausgegliederten Beschäftigten weniger Geld als ihre Kollegen im Stammkonzern. Verdi fordert, dass alle Beschäftigten nach dem in den Vivantes-Kliniken geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Das würde Vivantes wohl 40 Millionen Euro mehr im Jahr kosten.

Im Senat plant man bei Vivantes vorerst wenig Neues. Wichtiger dürfte für Finanzsenator Kollatz-Ahnen, der im Vivantes-Aufsichtsrat sitzt, derzeit die Zukunft des Berliner Stromnetzes sein. SPD, Linke und Grüne hatten im Koalitionsvertrag erklärt: „Die Koalition strebt eine 100-prozentige Rekommunalisierung des Stromnetzes an, unabhängig vom Ausgang des Konzessionsverfahrens.“ Rechtlich ist es jedoch schwierig, um den aktuellen Netzbetreiber Vattenfall herumzukommen und der landeseigenen Berlin Energie den Zuschlag für den Betrieb des Netzes zu geben. Wissenschaftsstaatssekretär Krach wiederum verhandelt derzeit zudem über die Hochschulverträge. Die Gewerkschaften forderten dazu eine „finanzielle Sicherung“ des Botanischen Gartens, der zur Freien Universität gehört.

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