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Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).
© Britta Pedersen/dpa
Update

Zahl der Kinder mit geistiger Behinderung gestiegen: Senat baut Förderplätze für „Geistige Entwicklung“ aus

Mehr als 800 zusätzliche Plätze für Kinder mit geistiger Behinderung geplant. Diese Bezirke profitieren.

Die Senatsbildungsverwaltung baut die Plätze an Förderschulen mit dem Schwerpunkt "Geistige Entwicklung" aus. In den nächsten Jahren sollen über 800 zusätzliche Schulplätze für Kinder mit geistigen Behinderungen entstehen. Die meisten Plätze werden an bestehenden Förderschulen geschaffen, diese bekommen modulare Ergänzungsbauten (MEB). Das teilte Martin Klesmann, der Sprecher der Bildungsverwaltung, am Donnerstag auf Anfrage mit.

Der Platzausbau sei aber keine Abkehr von der Inklusion. Der Grund für den zusätzlichen Bedarf sei, dass die Zahl der Kinder mit geistigen Behinderungen in den vergangenen Jahren gestiegen sei und weiter steige:

Im Schuljahr 2009/10 besuchten 1896 Schülerinnen und Schüler eine öffentliche Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, 2018/19 waren es 2426. Allerdings stieg in dieser Zeit auch die Gesamtschülerzahl um etwa 40000 auf knapp 360000.

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Nach Angaben der Bildungsverwaltung soll jeweils ein MEB mit 96 Plätzen an bestehenden Förderschulen in Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick entstehen. In Mitte ist ein Schulneubau für die bereits bestehende Charlotte-Pfeffer-Schule geplant, diese soll außerdem einen MEB erhalten.

Pankow schafft an drei Standorten neue Kapazitäten

Auch im kinderreichen Pankow gibt es einen Ausbau der entsprechenden Kapazitäten. Anlässlich eines Besuchs im dortigen Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (Sibuz) sagte Bildungsstadtrat Torsten Kühne (CDU) auf Anfrage, dass es zusätzliche Plätze an der Helene-Haeusler- und an der Panke-Schule geben werde, die überbelegt sind. Die Panke-Schule erhält einen Neubau. Zudem sei ein neues Förderzentrum im Blankenburger Süden in der Investitionsplanung. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wies während des Sibuz-Besuches darauf hin, dass es auch neue Plätze für andere Förderbereiche geben soll, etwa für körperliche Entwicklung an der Marianne-Buggenhagen-Schule in Buch.

Bundesweit steigen die Zahlen

„An meiner politischen Linie hat sich nichts verändert: Ich war immer dafür, die Inklusion in Berlin behutsam und mit Augenmaß umzusetzen. Dabei waren mir Elternwille und Elternwahlrecht stets wichtig,“ betonte Scheeres. Viele Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung wünschten sich für ihre Kinder Schulplätze an den Förderzentren. Das hatten 2018 auch Proteste gegen eine geplante Schulschließung gezeigt.

  • In Berlin gibt es 34 Förderzentren mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung, davon sind vier in freier Trägerschaft.
  • Es gab nach Angaben der Bildungsverwaltung in den vergangenen Jahre keine Schließungen bei Förderzentren mit diesem Schwerpunkt.
  • Dass die Zahl der Kinder mit geistiger Behinderung bundesweit steigt, ist seit einigen Jahren bekannt.

Sybille Volkholz, die Vorsitzende des Berliner Fachbeirats Inklusion, sagte 2017 im Interview mit dem Tagesspiegel, dass der Anstieg möglicherweise damit zu tun habe, dass mehr Kinder, bei denen vorher der Förderbedarf „Lernen“ diagnostiziert wurde, jetzt den Bedarf „geistige Entwicklung“ zugeschrieben bekämen. Eine andere Begründung werde darin vermutet, dass durch den medizinischen Fortschritt auch frühgeborene Kinder überleben, die früher wohl gestorben wären. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Schülerzahlen insgesamt gestiegen sind.

Der Verband Bildung und Erziehung Berlin (VBE Berlin) begrüßte die Entscheidung. „Dies ist ein erster Schritt, um die vorhandenen Förderschulen mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung zu entlasten, so wie es der VBE Berlin in einem Brief an Frau Scheeres gefordert hat", sagte die Vorsitzende Heidrun Quandt.

[Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass einer der zusätzlichen MEBs in Tempelhof-Schöneberg geplant ist. Es handelt sich aber um Steglitz-Zehlendorf. Wir haben den Fehler korrigiert.]

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