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Wer beim Schwarzfahren erwischt wird, muss als Strafe 60 Euro zahlen.
© Lukas Schulze/dpa

Fahrkartenkontrolleur geschubst: Schwarzfahrer wegen versuchten Totschlags vor Gericht

Ein 64-Jähriger soll versucht haben, einen Kontrolleur vor eine einfahrende S-Bahn zu schubsen. Eineinhalb Jahre später beginnt der Prozess.

Der Ärger des erwischten Schwarzfahrers war groß. Bernhard R., ein Mann von 64 Jahren, soll zum gefährlichen Angriff angesetzt haben. Laut Anklage soll er versucht haben, einen Fahrkartenkontrolleur vor eine einfahrende S-Bahn zu schubsen. Weil eine Kollegin des Attackierten geistesgegenwärtig reagierte und mit ihrem Arm den des Schwarzfahrers umlenken konnte, sei ein Sturz auf die Gleise verhindert worden. Eineinhalb Jahre später begann gegen R. der Prozess.

Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag. Doch es könnte noch schlimmer kommen. Die Richter erteilten Bernhard R. bereits den rechtlichen Hinweis, dass bei einer Verurteilung versuchter Mord in Betracht komme – wegen Heimtücke. R. sah hilfesuchend zu seinem Verteidiger und erklärte: „Ich wollte den Mann nicht schubsen.“ Es sei überhaupt nichts passiert. „Ich habe den nicht einmal berührt“, nuschelte der gelernte Installateur. Sein Arm sei auch nicht „ablenkt“ worden. Bernhard R. hatte einen bereits zwei Mal gestempelten Fahrschein vorgezeigt - angeblich aus Versehen. „Weil meine Brille schlecht war“, wollte er sich rausreden. 40 Euro „erhöhtes Beförderungsentgelt“ galten damals für Schwarzfahrer.

„Ich stand mit dem Rücken zu den Gleisen“, sagte der 45-jährige Kontrolleur. Er habe sich auf sein Eingabe–Gerät konzentriert. „Beim nächsten einfahrenden Zug wollte er mich schubsen.“ Eine Kollegin von H. schilderte: „Der Angeklagte machte einen Schritt nach vorn.“ Sein Arm habe sich in Richtung ihres Kollegen bewegt. „Ich blockte ihn ab.“

Der Prozess geht Mittwoch weiter

Bernhard R. hörte es kopfschüttelnd. Er hat keine Vorstrafen, er war an jenem Vormittag nicht angetrunken. „Ich hatte es eilig, wollte nicht zu spät zu meinem kleinen Job kommen“, sagte der Angeklagte. Ihm sei es nicht um die 40 Euro gegangen. „Es ging mir nicht schnell genug.“ Er habe sich gesagt: „Der macht extra lange, damit ich den Zug nicht schaffe.“ Deshalb habe er den Kontrolleur beschimpft. Für die Äußerungen bitte er um Entschuldigung. Der Prozess geht Mittwoch weiter.

Die Zahl der Übergriffe auf Mitarbeiter hat bei der Bahn in Berlin im vergangenen Jahr, wie berichtet, abgenommen. Mit knapp 300 Attacken registrierte sie sieben Prozent weniger als 2014. Die meisten Angriffe gab es nach Angaben der Bahn im Zusammenhang mit Fahrkartenkontrollen – und bei Fußballspielen. Zu schweren Verletzungen sei es nur selten gekommen. Die BVG nennt für 2015 offiziell noch keine Zahlen. Es sei aber erkennbar, dass es weniger Taten als im Vorjahr gegeben habe, sagte Sprecherin Petra Reetz. Damals hatte die BVG 661 Angriffe auf Mitarbeiter gemeldet. Attacken gegen Fahrscheinkontrolleure werden nicht getrennt erfasst.

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