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Rollenwechsel. Die Berliner Aufsichtsbehörde plant, Schulleiter öffentlich zu benoten.
© dpa

Inspektionsergebnisse: Schulleiter werden künftig öffentlich benotet

Bald können Eltern und Schüler nachlesen, was die Aufsichtsbehörde von einer Schule hält. Auch die Schulleiter persönlich will Bildungssenator Jürgen Zöllner nicht schonen. Davor haben manche Angst.

Eltern werden die Wahl der richtigen Schule für ihre Kinder künftig nicht mehr allein nach der schönsten Internet-Präsentation treffen müssen. Schon in wenigen Monaten sollen alle wichtigen Qualitätsmerkmale der Berliner Schulen nach und nach öffentlich abrufbar sein. Die Datengrundlage bilden die Schulinspektionsberichte, die Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) im Rahmen seiner Qualitätsoffensive veröffentlichen will. Nach Informationen des Tagesspiegels sollen auch die Stärken und Schwächen der Schulleiter kein Geheimnis bleiben. Die entsprechende Verordnung, die im November in Kraft treten soll, enthält außerdem die Verpflichtung der Lehrer, ihren Unterricht alle zwei Jahre durch ihre Schüler beurteilen zu lassen.

Bislang erfährt die Öffentlichkeit nicht, wenn eine Schule bei der Schulinspektion durchfällt. Selbst krasses Missmanagement bleibt ein Geheimnis, sofern die Schulkonferenz beschließt, die Daten unter Verschluss zu halten. Damit ist es jetzt vorbei: „Die Schulaufsichtsbehörde veröffentlicht eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse“, heißt es im Entwurf der Verordnung, der dem Tagesspiegel vorliegt. Zuvor hat die Schule vier Monate Zeit, sich mit dem Bericht intern auseinanderzusetzen.

Alle entscheidenden Qualitätsmerkmale sollen dabei zur Sprache kommen. Dazu gehören die Schülerleistungen, die Unterrichtsgestaltung, das soziale Klima und das Schul- und Personalmanagement. Auf einer Skala von A bis D wird da zum Beispiel bewertet, wie die Schulleitung mit den Ressourcen umgeht oder wie hoch die Zufriedenheit an der Schule ist. Unter den Schulleitern sind nicht wenige, die sich vor dieser Offenheit fürchten. Bisher konnten sie sich darauf verlassen, dass über ihr Versagen nur anonyme Klagen öffentlich werden. „Es gibt unter Garantie Ängste unter den Schulleitern“, vermutet Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren. Dennoch hält er den Vorstoß Zöllners für richtig, weil er die Transparenz erhöhe. Dies stärke die Eigenverantwortung der Schulen.

„Die Schulleiter, die Angst haben, werden das nicht sagen“, vermutet Paul Schuknecht von der Vereinigung der GEW-Schulleiter. Er ist nicht generell gegen die Veröffentlichung der Inspektionsberichte, sofern den Schulen dann auch geholfen wird, ihre Probleme zu lösen. Mit einer bloßen „Stigmatisierung“ sei nichts erreicht. Positiv bewertet er die Bereitschaft der Behörde, Inspektionen zu vertagen, wenn eine Schule aufgrund einer längeren Vakanz der Schulleiterstelle in einer schwierigen Lage ist.

Wichtiger als die Veröffentlichung der Inspektionsberichte findet Schuknecht aber, dass künftig alle Lehrer verpflichtet sind, mit ihren Schüler über die Qualität ihres Unterricht zu sprechen. Das werde deutlich mehr verändern, meint er.

Tatsächlich hat das Institut für Schulqualität (ISQ) schon eine Menge Vorarbeit geleistet, um den Lehrern und Schülern eine möglichst tiefgehende Analyse des Unterrichtsgeschehens zu ermöglichen. Sie bietet inzwischen für fast alle Fächer von Mathematik bis Griechisch spezielle Fragebögen an. Die Lehrer können von ihren Schülern aber auch Fragebögen bearbeiten lassen, die sich allgemein mit dem Unterricht beschäftigen – unabhängig von den fachspezifischen Inhalten. Da geht es etwa darum, ob der Lehrer den Unterricht gliedert und am Ende einer Stunde die Ergebnisse zusammenfasst, ob er deutlich spricht und darauf achtet, dass alle Schüler mitkommen. Zum Griechischunterricht wird beispielsweise gefragt, ob der Lehrer den Schülern ein „anschauliches Bild vom Leben in der antiken Welt“ vermittelt.

Die Ergebnisse der 60 Fragen, die pro Durchgang beantwortet werden, wertet das ISQ anonym aus. Empfohlen wird, dass der Lehrer mit seinen Schülern über die Auswertung spricht, damit alle Seiten davon profitieren. Anders als immer wieder kolportiert, bekommt der Schulleiter keinen ausgefüllten Fragebogen zu sehen. Er erfährt lediglich vom Lehrer, dass er der Verpflichtung nachgekommen ist, sich der Schülereinschätzung zu stellen.

Susanne Vieth-Entus

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