Flüchtlinge in Berlin: Schulen bekommen 100.000 Euro für Hallen-Sanierung
Gegen die Nutzung von Sporthallen für Flüchtlingsunterkünfte gibt es zunehmend Proteste. Nach dem Ende der Nutzung können Schulen viel Geld bekommen.
Vor einem Jahr hat Joel das Handballspielen für sich entdeckt. Sieben Jahre alt ist der Junge und begeistertes Mitglied der F-Jugend der Reinickendorfer Füchse. „Er will eigentlich die ganze Zeit nur Handball spielen“, sagt seine Mutter Garnet Grieger. Doch das kann er möglicherweise bald nicht mehr.
Anfang Dezember kam die Nachricht, dass am 15. Dezember erst mal Schluss ist mit dem Training der Kinder. Denn in die Sporthalle in der Kühleweinstraße ziehen Flüchtlinge ein. Wie lange die Notunterkunft bestehen bleibt, und wie es mit dem Training der Nachwuchs-Füchse weitergeht, wissen die Eltern nicht. Wie berichtet, wird es voraussichtlich auch für die Schüler der Reginhardt-Grundschule zu Beeinträchtigungen beim Sportunterricht kommen.
„Als die Meldung kam, war ich erst ganz erstarrt, dann dachte ich: Wir müssen etwas tun“, sagt Joels Mutter. „Sport ist so wichtig für die Kinder.“ Also sprach sie andere Eltern an, schrieb weitere Vereine an, kontaktierte Sport- und Schulamt, Landessportbund.
Am Freitagnachmittag stand sie mit ihren Mitstreitern auf dem Letteplatz bei einer „stillen Demonstration“, wie sie sagt. Keine Megaphone, aber Plakate, auf denen steht: „Halle weg, Sport weg“ und „Kinder brauchen Sport“. Die Eltern sammelten Unterschriften und fordern, dass Turnhallen nicht mehr beschlagnahmt werden. „Natürlich brauchen auch die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf“, sagt Grieger. „Es müssen aber andere Lösungen zur Unterbringung gefunden werden.“
Zwei von 82 Hallen in Reinickendorf belegt
In Reinickendorf sind nach Auskunft von Schulstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) von 82 Sporthallen momentan zwei mit Flüchtlingen belegt worden, vier weitere werden als Notunterkünfte vorbereitet.
Die Bezirke teilen die Position der Eltern. Der Senat soll keine weiteren Hallen beschlagnahmen, fordern die Bezirksbürgermeister in einer gemeinsamen Erklärung. Wie berichtet, hatte Spandau die Beschlagnahme der Sporthalle am Falkenseer Damm durch den Senat verhindert. Nach dem Hinweis, dass die Halle nicht nur von zwei Gymnasien mit Abiturkursen, sondern auch für die Handball-Oberliga und die Volleyball-Regionalliga sowie den Integrationskurs Mitternachtssport genutzt wird, hatten die Senatsvertreter erklärt, auf eine Nutzung als Flüchtlingsquartier zu verzichten. Bildungs- und Sportstadtrat Gerhard Hanke (CDU) sollte dazu die Belegungspläne einreichen.
Eine offizielle Rücknahme der Beschlagnahmeerklärung lag dem Bezirk am Freitagmittag allerdings noch nicht vor. Staatssekretär Dieter Glietsch hatte vier weitere Sporthallen in Spandau benannt, die aus seiner Sicht für die Unterbringung von Asylbewerbern in Betracht kommen: Hallen der Heinrich-Böll-, Bertolt-Brecht-Oberschule sowie der Mary-Poppins-Grundschule und die Bruno-Gehrke-Sporthalle. Senatsvertreter besichtigen am Freitag die vier Hallen – vorerst ohne Beschlagnahmung (mehr zu den Hallen in Spandau lesen Sie unter diesem Tagesspiegel-Link).
Der Landessportbund hatte den Senat am 27. November aufgefordert, keine weiteren Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu verwenden. Seitdem hat sich die Zahl der belegten Hallen allerdings mehr als verdoppelt: damals waren es 23 – jetzt sind es über 50.
Schulen sollen bis zu 100.000 Euro bekommen
Bei der Auswahl möglicher Hallen gibt es Ausschlusskriterien, auf die sich Vertreter von Bildungs-, Sozial- und Innenverwaltung geeinigt haben. Das geht aus einem Schreiben hervor, das Bildungsstaatssekretär Mark Rackles an alle Schulleitungen verschickt hat. Danach dürfen keine Hallen, die dem Leistungssport dienen, beschlagnahmt werden. Ausgeschlossen sind auch Hallen, die im Schulgebäude oder unmittelbar auf dem Schulgelände liegen, weil dann eine „Bereichstrennung nicht wirksam möglich ist“. Auch Hallen mit weniger als 1000 Quadratmetern seien ungeeignet. Nach Ende der Belegung bekommen die Schulträger einen Sanierungsbonus von bis zu 100.000 Euro pro Halle, sicherte Rackles zu.