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Modellprojekt angekündigt: Scheeres will schneller neue Schulen bauen

Wie schaffen Hamburg und München, was Berlin nicht schafft? Am Mittwoch diskutierten Eltern und Politiker über die Schulbaumisere in Berlin. Senatorin Scheeres kündigte Verbesserungen an.

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Sechs bis neun Milliarden Euro für den Schulbau bis 2030, schon jetzt 100.000 Euro für jede Schule pro Jahr, alle Schultoiletten 2015 saniert: Diese Zahlen müssen Berliner Eltern wie ein Traum vorkommen. Und so reagierten sie auch mit ungläubigem Staunen, Kopfschütteln, Lachen und Applaus, als Rainer Schweppe, Schulstadtrat aus München, bei einer Veranstaltung des Landeselternausschusses in der Akademie der Konrad–Adenauer-Akademie vorstellte, wie München das Problem Schulsanierung und Schulneubau angeht. Mit einer Task Force, in der sich alle verantwortlichen Ressorts abstimmen, mit einer transparenten Bestandsaufnahme, bei der alle Schulstandorte unter die Lupe genommen wurden, mit beschleunigten Verfahren, standardisierten Bauvorgaben – und mit viel Geld.

München steht vor ähnlichen Problemen wie Berlin: Es gibt einen immensen Schülerzuwachs, und Sanierung und Schulneubau wurden jahrelang vernachlässigt. „Wer frühzeitig saniert, spart Geld, haben wir festgestellt“, sagt Schweppe, und da lachen die Berliner Eltern wieder.

Bis 2019 werden 20.000 neue Schulplätze gebraucht

So weit wie in München ist man in Berlin noch lange nicht, und die Voraussetzungen sind auch andere, München ist reicher, kleiner und kein Stadtstaat. Der Handlungsbedarf in Berlin ist aber enorm: Hier müssen 20.000 Schulplätze bis 2019 neu geschaffen werden. Der Sanierungsstau an den Schulen beträgt mindestens zwei Milliarden Euro; wie hoch genau er ist, weiß man immer noch nicht.

Den Eltern brennt das Thema seit vielen Jahren auf den Nägeln, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass der Saal in der Adenauer-Akademie am Mittwochabend bis auf den letzten Platz gefüllt war. Drei Wünsche habe er für die Veranstaltung, sagt Landeselternsprecher Norman Heise: „Keine Wahlkampfveranstaltung, kein Ping-Pong zwischen Senat und Bezirken, und wir wollen nicht hören, was nicht geht.“

Scheeres kündigt Modellprojekt mit schnelleren Verfahren an

Transparent am Fichtenberg-Gymnasium in Steglitz. Die Schule ist zum Symbol des Sanierungsstau geworden. Das marode Gebäude soll jetzt saniert werden.
Transparent am Fichtenberg-Gymnasium in Steglitz. Die Schule ist zum Symbol des Sanierungsstau geworden. Das marode Gebäude soll jetzt saniert werden.
© Kitty Kleist-Heinrich

Was also geht, soll Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagen, und sie hat auch einen Vorschlag dabei. Es soll ein Modellprojekt in den Bezirken geben, mit dem Neubauprojekte beschleunigt werden. In jedem Bezirk soll das an ein bis zwei Bauprojekten erprobt werden. Den Bezirken sollen dafür Pauschalen zugewiesen werden. Gleich zu Beginn der Planung sollen sich alle Akteure – Bezirke, Land, Schule, Eltern – abstimmen. Durch die Pauschalen sollen die langwierigen Genehmigungsverfahren verkürzt werden, Senat und Hauptausschuss nicht mehr alle Verfahren vorgelegt werden. Bisher dauere es acht Jahre, bis in Berlin eine neue Schule gebaut ist. In München und Hamburg sind es nur vier. „Wir müssen noch in dieser Legislaturperiode mit dem Modellversuch beginnen“, sagt Scheeres. Derzeit gebe es eine Bestandsaufnahme nach einheitlichen Kriterien an allen Schulstandorten. Die Ergebnisse aus den Bezirken erwartet die Senatsverwaltung im zweiten Quartal 2016.

CDU-Fraktionschef Florian Graf will ebenfalls die Verfahren beschleunigen und dazu die Vorlagepflichten in Senat und Parlament reduzieren. Er schlägt ein Konjunkturprogramm vor, in das bis 2020 zwei Milliarden Euro fließen sollen. Dafür sollen die Mittel verwendet und festgeschrieben werden, die bisher in verschiedenen Programmen zu finden sind - zum Beispiel Schul- und Sportanlagensanierung, Bezirkshaushalte, so genannte Siwa-Mittel (Sondervermögen der wachsenden Stadt). Statt vieler Töpfe also nur einer, das gebe Planungssicherheit und verringere die Bürokratie.

Bezirke wollen mehr Geld und mehr Personal

So ganz ohne Verantwortlichen-Ping-Pong zwischen Senat und Bezirken geht es bei der Veranstaltung aber doch nicht ab. Ohne mehr Fachpersonal könnten die Bezirke wenig ausrichten, sagt Schulstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) aus Steglitz-Zehlendorf. Dafür bräuchten sie mehr Geld. Richter-Kotowski rechnet vor, dass der Bezirk im Jahr 1990 noch über 50 Millionen Euro für Schulinvestitionen und Sanierung zur Verfügung hatte, inzwischen seien es eher sechs Millionen pro Jahr. Auch sie fordert weniger Vorgaben: „Man muss doch nicht für jede Sporthalle einen neuen Architektenwettbewerb ausschreiben.“ Auch beim Denkmalschutz oder bei den Energiesparrichtlinien müsse es Vereinfachungen geben, sagt sie auch im Blick auf die vielen Schulen ihres Bezirks, die in schönen, aber maroden Altbauten untergebracht sind. Ihr Kollege Stefan Komoß (SPD) aus Marzahn-Hellersdorf weist darauf hin, wie schwierig die Planung momentan sei, da die Schülerzahlen auch aufgrund der vielen Flüchtlinge so stark steigen.

Eltern fordern: Schulbau entpolitisieren

Stefanie Remlinger von den Grünen plädiert dagegen für ein Modell, das dem Vorgehen Hamburgs ähnelt. Dort gibt es seit 2010 einen Landesbetrieb Schulbau, der sich zentral um Planung und Sanierung kümmert. Die Schulen sind Mieter und können die Miete kürzen, wenn das Gebäude nicht instand gehalten wird. Wie das genau abläuft, stellt der Geschäftsführer des Schulbaubetriebs, Ewald Rowohlt den Eltern vor, im Januar war er bereits im Abgeordnetenhaus eingeladen. Das Hamburger Modell hat viele Befürworter, Politiker weisen aber darauf hin, dass eine Verfassungsänderung nötig sei, weil die Bezirke in Berlin eigenständiger als in Hamburg sind.

Grünen-Politikerin Remlinger hält es dennoch für machbar. Sie schlägt vor, drei Betriebe nach dem Vorbild der Berliner Immobilien Management GmbH einzurichten, die dann für jeweils vier Bezirke zuständig wären. Ein Modell mit regionalen Dienstleistern favorisieren auch viele der anwesenden Eltern. „Wir wollen, dass das Thema entpolitisiert wird“, sagt Ulrike Kipf vom Bezirkselternausschuss Steglitz-Zehlendorf. „Um das Bauen sollen sich Fachleute kümmern, das kann doch kein Spielball der Politik sein.“

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