Nikolaus-August-Otto-Schule: Eltern kämpfen um Oberstufe
Eine Gemeinschaftsschule mit Montessori-Konzept in Zehlendorf zieht alle Register, um eine gymnasiale Oberstufe einrichten zu können. Am Freitag wollen die Eltern demonstrieren.
Der Kampf der Zehlendorfer Nikolaus-August-Otto-Schule um Anerkennung für ihre unorthodoxen Erfolgsrezepte könnte nach rund 25 erfolgreichen Jahren in einer empfindlichen Niederlage münden. Viele Zeichen deuten zurzeit darauf hin, dass die Bildungsverwaltung die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe ablehnen wird. Kurz vor der Bekanntgabe der Entscheidung wollen die Eltern nochmals versuchen, das Blatt zu wenden: Am Freitag ist eine Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus geplant, am gestrigen Montag wandten sie sich bereits an den Petitionsausschuss.
„Wir, die Eltern der Montessori-Gemeinschaftsschule bitten den Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, Einfluss auf den Berliner Senat und die Senatsschulverwaltung zu nehmen, damit diese den Antrag der Schule auf eine eigene Oberstufe am Standort Tietzenweg genehmigen“, heißt es in dem Schreiben an den Ausschuss. Die Eltern argumentieren, dass sie jahrelang „getäuscht“ worden seien. Tatsächlich können sie mit einer langen Liste von Dokumenten aus der Bildungsverwaltung belegen, dass immer wieder von einer gymnasialen Oberstufe die Rede war. In den Elternratgebern zur Schulwahl ist mehrfach zu lesen, dass die Schule bis Klasse 13 führt. Diese Aussage findet sich auch in dem Genehmigungsschreiben des damaligen Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD) sowie noch im Frühjahr 2012 in den Unterlagen für den Haushaltsausschuss.
Die Bildungsverwaltung spricht von „Missverständnissen und Fehlinterpretationen“ und räumt lediglich bei einem einzigen Dokument ein, dass dort eine Angabe zur gymnasialen Oberstufe „leider zum Teil nicht richtig“ gewesen sei. Das ändere aber nichts an der Tatsache, dass die Schule zu klein sei, um eine Oberstufe auf die Beine stellen zu können.
Tatsächlich handelt es sich bei dem, was Schulleiterin Eva Schmoll und ihre Kollegen vorhaben, um ein deutschlandweit nahezu einzigartiges Experiment. Denn die Schule ist nicht nur zu klein, um die übliche Auswahl an Fächern und Kursen anbieten zu können, sondern sie will auch ihr fächerübergreifendes Montessori-Konzept bis zum Abitur durchziehen. Wie das im Einzelnen funktionieren kann, ist den Verantwortlichen in der Bildungsverwaltung offenbar nicht klar.
Dennoch rät Bildungsforscher Klaus Hurrelmann, der die Schule gut kennt, dringend, die Erlaubnis zu erteilen. Auch die Eltern und Schüler halten fest zu ihrer Schule und werden nicht müde, den Lehrern ihr Vertrauen auszusprechen. Denn die Schule hat es bisher immer geschafft, mit extrem ungewöhnlichen Mitteln Erfolg zu haben. Das war schon so, als die jetzige Schulleiterin Eva Schmoll und ihr Vorgänger Uwe Duske vor rund 25 Jahren die damalige Hauptschule umkrempelten. Während andere Hauptschulen zu Restschulen wurden und im sozialen Abseits vor sich hinvegetierten, konnte sich die Nikolaus-August-Otto-Schule kaum retten vor Anmeldungen. So groß war die Nachfrage, dass die Schule sogar Bedingungen stellen konnte: Aufgenommen wurden die Siebtklässler nur, wenn sich die Eltern bereit erklärt hatten, im Jahr vor der Aufnahme regelmäßig an Kursen über Erziehungs- und Lernfragen teilzunehmen.
Diese Erfolgsgeschichte war es auch, die letztlich dazu führte, dass die Lehrer- und Elternschaft der benachbarten Rohrgarten-Grundschule einer Fusion mit der ehemaligen Hauptschule zur Gemeinschaftsschule zustimmte: Seit zwei Jahren ziehen die Kollegien an einem Strang.
Während die Nikolaus-August-Otto-Schule alle Hände voll damit zu tun hat, diese Fusion zu stemmen, soll sie nun mit noch einer weiteren Schule auf Tuchfühlung gehen: Die Bildungsverwaltung möchte, dass die Kooperation mit einem mehrere Kilometer entfernten Oberstufenzentrum angebahnt wird.
Die gesamte Schule lehnt diese Option ab. Wie berichtet, hatten die Schüler in einem offenen Brief an die Bildungssenatorin schon im Mai davor gewarnt, dass „viele Schüler den Ehrgeiz, ihr Abitur zu machen, verlieren“, falls sie gezwungen würden, an ein großes Oberstufenzentrum zu wechseln, das so gar nichts gemeinsam hätte mit einer kleinen Montessori-Gemeinschaftsschule.
Die Eltern sind nicht weniger alarmiert. Sie befürchten, dass bildungsbewusste Familien künftig einen Bogen um die Schule machen werden und lieber auf die Gymnasien oder Sekundarschulen mit Oberstufe im Bezirk ausweichen werden. Falls die Bildungsbehörde nicht doch noch einlenkt, wollen die Eltern vor das Verwaltungsgericht ziehen.
Susanne Vieth-Entus
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