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Die Modernisierung maroder Schulen in Berlin stockt schon seit Jahren.
© dpa

Berlins marode Schulen: Schulbauer verzweifelt gesucht

Scheitert Berlins Sanierungsoffensive am fehlenden Personal in den Bauämtern? Eine gemeinsame Geschäftsstelle aller Bezirke soll das Problem lösen helfen.

Geld spielt zurzeit keine Rolle bei Berlins Schulbau – das Problem ist der Mangel an Baufachleuten. An diesem Montag will der Rat der Bürgermeister der Lösung dieses Problems einen Schritt näher kommen: Erstmalig soll eine gemeinsame Geschäftsstelle aller Bezirke gegründet werden, die sich zentral um die Personalsuche kümmert. Dies kündigte Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) im Gespräch mit dem Tagesspiegel an.

Der Handlungsdruck ist groß, denn bis 2027 müssen jährlich rund 500 Millionen Euro eingesetzt werden, um den Sanierungsstau zu beheben und neue Schulen zu bauen. Da alle Hochbauämter zusätzliches Personal brauchen, rechnet Kleebank mit großer Unterstützung für das Vorhaben, das er mit initiiert hat. Allerdings war am Sonntag noch unklar, ob es zu einer Einigung kommt. Wegen der vielen offenen Fragen wurde laut Kleebank eine „ganztätige Klausur“ angesetzt.

Die Zeit drängt, denn die Pensionierungswelle rollt weiter und die Aufgaben wachsen: Die Bezirke müssen den Sanierungsstau abarbeiten. Kleebank setzt deshalb darauf, dass die neue Geschäftsstelle auszuschreibende Stellen in eine höhere Entgeltgruppe einordnen kann, um den neuen Mitarbeitern ein paar hundert Euro mehr bieten zu können: Praktisch könnte das etwa bedeuten, dass Ingenieure, die mit komplizierten Ausschreibungen zu tun haben, künftig besser besoldet werden – soweit es das Tarif- und Arbeitsrecht zulässt. Zudem schwebt Kleebank vor, dass auch die Öffentlichkeitsarbeit rund um die Sanierungsoffensive der Bezirke in der Geschäftsstelle zentralisiert wird und so sichtbarer wird.

Alle müssen mitspielen

Zweifel an der Schlagkraft der anvisierten neuen Institution kommen von den Grünen: „Eine solche Geschäftsstelle ist nutzlos“, lautet die Einschätzung von Bildungs- und Schulbauexpertin Stefanie Remlinger. Die gemeinsame Stellenausschreibung sei „keine Lösung“, weil sie das Grundproblem nicht behebe – und zwar die mangelnde Konkurrenzfähigkeit aufgrund zu geringer Gehälter. Daran ändere auch Kleebanks Versuch nichts, an den Entgeltgruppen zu drehen.

Tatsächlich sind sehr enge Grenzen bei der Besoldung gesetzt: Ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft der Länder ist nichts zu machen. Zwar hat Berlin bei den Lehrergehältern erhebliche Zulagen aushandeln können, allerdings mussten die anderen Länder dabei auch keine Konkurrenz fürchten, weil Berlin mangels Lehrerverbeamtung trotz der Zulagen weniger attraktiv für Lehrer ist. Bei den Baufachleuten wäre das anders, denn da gibt es keinen Verbeamtungsvorsprung – mithin müssten die anderen Länder fürchten, Baufachleute zu verlieren, wenn Berlin Zulagen zahlen würde.

Eine Frage der Konkurrenz

Genau dieses Problem wollten die Grünen umgehen, als sie vorschlugen, den Schulbau aus den zwölf Hochbauämtern in vier bezirkliche GmbHs auszugliedern: Diese GmbHs hätten höhere Gehälter zahlen können. Es waren aber Bürgermeister wie Kleebank, die dies im Sommer verhinderten, weil sie um Einfluss fürchteten. „Die Bezirke haben nicht begriffen, dass wir sie stärken wollten“, kommentiert Remlinger die Absage, mit der sich die Bezirke „selbst ins Knie geschossen haben“.

Die Bezirke konkurrieren nicht nur untereinander, sondern auch mit Land und Bund. Und zusätzliche Konkurrenz wird gerade erschaffen: Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge soll künftig mit einer neuen Tochtergesellschaft die großen Schulbauten finanzieren und abwickeln. Diese neue Konstruktion ist nicht nur gefürchtet, weil die Howoge-Tochter bessere Gehälter zahlen kann als die Bezirke, sondern auch, weil die neue GmbH die betreffenden Schulen im Rahmen des Erbbaurechts übertragen bekommt. Längst gibt es die Sorge, dass die öffentliche Hand die Kontrolle über ihre Schulbauten verlieren könnte.

„Darauf werden wir ein sehr waches Auge haben“, kündigt Kleebank an. Ohne Frage sei das Erbbaurecht „kompliziert“. Unterm Strich sind sich aber alle einig, dass es schnell gehen muss. In einigen Bezirken wurden bereits alle räumlichen Reserven verbraucht, selbst PC-Räume und Besenkammern wurden aufgelöst, um alle Schüler unterzubringen. Gleichzeitig geht der Verfall der Bausubstanz weiter. Deshalb wollen jetzt alle Schulen wissen, wann endlich die Baufachleute anrücken. Ende November soll es für alle Schulen online „Steckbriefe“ geben, in denen steht, was wann saniert wird. Vorausgesetzt, die Baufachleute sind zur Stelle.

Ralf Schönball, Susanne Vieth-Entus

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