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Tribüne frei. Schon lange vor dem Formel-E-Rennen standen in der Karl-Marx-Allee schon Podeste.
© dpa & Friedel/Imgao

Formel-E-Rennen auf Honeckers Parademeile: Schon die DDR baute Tribünen in Berlins Mitte

Früher Panzer, heute Rennwagen: Die Karl-Marx-Allee in Mitte ist endlich wieder eine Vorzeigestraße. Eine Glosse zum Formel-E-Rennen.

Wer 40 plus und dazu noch plus Ost ist, kann sich vermutlich ein Grinsen nicht verkneifen, wenn er die Tribünen auf der Karl- Marx-Allee sieht. Ist ja wie früher in der Kindheit. Dazu kommt noch ein „Ach, weißte noch“-Gefühl wegen der vielen Wichtigtuer mit Funkgeräten.

Sie wachen darüber, dass auch ja niemand den kleinen Zeh ins große Sperrgebiet setzt, das in den vergangenen Tagen zwischen Strausberger Platz und Alex entstanden ist. Das gehört heute den elektrischen Rennwagen, die über die eilig ausgebesserte Fahrbahn preschen.

Dabei kommt historischer Boden unter die Räder, auch wenn es wohl kaum derselbe Asphalt ist, auf dem im Herbst 1989 das letzte organisierte Fahrzeugtreffen auf der Karl-Marx-Allee stattfand: Kurz vor ihrem Untergang ließ die DDR die Panzer und Raketenwerfer rollen, dazu rasselten Soldaten mit den Säbeln und zeigten den preußischen Stechschritt. Zum Tschingderassabum der Militärkapelle hob der Genosse Staatsratsvorsitzende die Hand zum militärischen Gruß an den Alt-Männer-Hut. Großes Hurra! Hurra! Hurra! Wie jedes Jahr zur Parade am Republikgeburtstag.

Platz für Tribünen, Truppen und Transparente

Wenn die tollkühnen Männer in ihren elektrischen Kisten loskurven, ahnen sie vermutlich nicht, dass sie ihren Platz zum Rasen der DDR-Staatsführung verdanken. Die ließ die Straße an dieser Stelle so verbreitern, das ausreichend Platz für Tribünen, Truppen und Transparente ist.

Und immer, wenn die Panzer bei der Parade den Boden erbeben ließen, erzählten sich die Leute die Geschichte des U-Bahn-Tunnels unter der Paradestrecke, dessen Decke angeblich extra verstärkt wurde. Damit das Militärgerät samt sozialistischen Waffennarren und Tribünen keinen Durchbruch erlebte.

Warum Karl Marx in Neukölln?

Noch immer soll es ja Berliner geben, die bei der Karl-Marx-Allee ins Schleudern kommen (was hoffentlich keinem der Rennfahrer passiert) und sie in Neukölln verorten. Ja, auch dort steht der Name des Vordenkers des Sozialismus auf dem Straßenschild – und viel länger als in Mitte und Friedrichshain. 1947 wurden Berliner Straße und Bergstraße inklusive Hohenzollernplatz umbenannt, als kurz nach dem Krieg nicht nur ein Strich unter die Nazizeit und die wilheminische Vergangenheit gezogen werden sollte. Und Marx war damals noch eine gute Alternative.

Stalin war auch schon da

Ende 1961 kam Marx im sozialistischen Berlin aufs Straßenschild, als Nachfolger Joseph Stalin. In einer Nacht- und Nebel-Aktion verschwand nicht nur der Name des Sowjet-Diktators, sondern auch sein größtes Denkmal auf deutschem Boden. Warum der Stalinkult erst endete, als selbst in Moskau der Spuk schon Jahre vorbei war, ist bis heute ein Rätsel, aber vielleicht kein Wunder. Schließlich hatten die DDR-Chefs damals weitere Merkwürdigkeiten zu verantworten, die Parole „Überholen ohne einzuholen“ beispielsweise, mit Blick auf den Wettlauf der Systeme. Wie der endete, ist bekannt. Vielleicht hätten sie vorher mal einen Rennfahrer fragen sollen.

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