Verkehr in Berlin: Schnellerer Busverkehr kommt nur langsam voran
Der Senat versprach vor einem Jahr mehr Busspuren – passiert ist nichts. Fortschritte gab es dafür bei Vorrangschaltungssystemen an Ampeln.
Halbvoll oder halbleer? Das vor einem Jahr verkündete Programm zum Beschleunigen von Bussen und Straßenbahnen ist bisher nur zum Teil umgesetzt worden. An 19 Ampelanlagen ist es gelungen, den Bussen und Straßenbahnen Vorrang einzuräumen.
Dagegen hat es der rot-rot-grüne Senat, der versprach, den Nahverkehr zu fördern, nicht geschafft, auch nur einen Meter von den im Programm vorgesehenen Busspuren einzurichten. Der Grund: Die Verkehrslenkung Berlin (VLB), angesiedelt bei der von Senatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) geführten Verkehrsverwaltung, ist nicht hinterhergekommen.
27 Anträge, 0 Umsetzungen
Das Busspurnetz sollte nach den Vorstellungen der „Task Force Beschleunigung“, zu der Vertreter der BVG, der Senatsverkehrsverwaltung und der VLB gehören, um rund 16 Kilometer wachsen. Bisher ist es gut 100 Kilometer lang. Zwischen November 2017 und April 2018 seien 27 umfangreiche Anträge zum Erweitern des Netzes eingereicht worden, teilte BVG-Sprecherin Petra Reetz auf Anfrage mit. Wohl aufgrund der fehlenden personellen Ressourcen der Verkehrslenkung habe jedoch keine einzige Maßnahme aus dem Busspur-Programm umgesetzt werden können.
Gewünscht hatte sich die BVG die Sonderfahrsteifen, die in der Regel auch von Radfahrern mitgenutzt werden dürfen, unter anderem auf dem Britzer Damm in Britz, der Kantstraße in Charlottenburg, der Rheinstraße in Friedenau/Steglitz, der Schnellerstraße in Niederschöneweide, der Torstraße in Mitte/Prenzlauer Berg und der Urbanstraße in Kreuzberg.
Und die Pläne gehen sogar viel weiter: Insgesamt soll sich die Länge des Busspurnetzes verdoppeln; 157 verschiedene Maßnahmen waren hier vorgesehen. Die ersten 16 Kilometer, auf die die BVG immer noch warten muss, hatten bereits vor einem Jahr „höchste Priorität“.
Die BVG ist bereit, zusätzliche Stellen in der VLB zu finanzieren, um Projekte für den Nahverkehr beschleunigen zu können. Woran es dabei hakt, war bei der Verkehrsverwaltung vorerst nicht in Erfahrung zu bringen.
TXL-Busspur beweist Erfolg
Dabei ist unstrittig, dass alle von Busspuren profitieren: Die Fahrgäste und das Unternehmen. Fahrgäste kommen schneller ans Ziel, die BVG muss weniger Busse – und Fahrer – einsetzen, um den Fahrplan einzuhalten, was die Kosten senkt.
Ein Beispiel: Auch auf Empfehlung der Task Force waren für den Flughafenzubringerbus TXL (Alexanderplatz–Flughafen Tegel), der häufig im Stau steckt, Busspuren mit einer Länge von 270 Metern auf der Beusselstraße vor der Siemensstraße sowie auf 300 Metern auf der Invalidenstraße vor der Clara-Jeschke-Straße installiert worden.
Die Pünktlichkeitsquote der Busse hatte sich danach nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung im vergangenen Jahr von 79,6 Prozent auf 85,7 Prozent verbessert. Nicht gelöst ist beim TXL das Feststecken im Verkehr zwischen dem Alexanderplatz und dem Hauptbahnhof. Nach wie vor streicht die BVG hier häufig die Fahrten, weil die Busse einfach nicht vorankommen.
Fortschritte bei Vorrangschaltungen an Ampeln
Immerhin ist es aber nach Angaben der BVG gelungen, die Gültigkeitszeiten auf zwei vorhandenen Busspuren zu verlängern: Auf dem Tegeler Weg in Charlottenburg auf 24 Stunden und auf der Reinickendorfer Straße in Wedding auf den Zeitraum von 6 Uhr bis 18 Uhr. Und die Zufahrt zur Kreuzung Osloer Straße/ Prinzenallee in Gesundbrunnen wurde so markiert, dass Busse der Linie M 27 (Pankow–Jungfernheide) nicht mehr hinter den Rechtsabbiegern im Stau stehen.
Nicht verwirklicht sind hier die Pläne, weitere Sonderfahrsteifen auf der Pankstraße und der Prinzenallee anzubringen sowie eine Busschleuse an der Müllerstraße einzurichten, an der die Busse vor den Autos losfahren können. Diese Schritte seien teilweise durch andere Senatsprojekte „planungsbefangen“, heißt es bei der BVG, und erforderten weiter umfangreiche Abstimmungen.
Verzögerungen wegen Planungsabstimmungen gebe es auch bei den Beschleunigungsprojekten für die Buslinien 136 (Gatower Straße–Hennigsdorf), 236 Gatower Straße–Haselhorst) sowie bei der M 27.
Erfolgreicher war die VLB dagegen beim Umsetzen der Vorrangschaltungen an Ampeln. Die Straßenbahn hat an zehn Anlagen Vorfahrt bekommen – davon profitieren nach Angaben von Sprecherin Reetz die Linien M 4 (Falkenberg/Hohenschönhausen–Hackescher Markt) und M 6 (Riesaer Straße–Hackescher Markt. Die neuen Vorrangschaltungen gibt es an der Riesaer Straße (1), der Landsberger Allee (3), der Falkenberger Chaussee (1), der Berliner Allee (2), der Greifswalder Straße (2) und der Spandauer Straße (1). Drei weitere Anpassungen seien für August geplant, sagte Reetz.
Für Busse gibt es neun neue Extraschaltungen: Für die Linien 136 und 236 sowie M 27 an der Pichelsdorfer Straße (3), an der Turmstraße (1), der Stromstraße (1), der Fennstraße (2), der Osloer Straße (1) und der Berliner Straße (1).
Geplant waren weitere Vorrangschaltungen unter anderem für die Linien M 48 (Busseallee–Alexanderplatz) und M 85 (Lichterfelde Süd–Hauptbahnhof). Hier ist das Glas weiter ganz leer.