Gewalt an Schulen in Berlin: Schläger machen selten Pause
Die Grundschulen melden mehr Gewalttaten als alle anderen Schularten zusammen. Die Zahlen geben aber nur ein ungenaues Bild - besonders beim Drogenkonsum.
Berlins Grundschulen sind ein gefährliches Pflaster: Im vergangenen Schuljahr haben sie mehr Gewaltvorfälle gemeldet als alle anderen Schularten zusammen. Dies geht aus einer noch nicht veröffentlichten Schriftlichen Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach führen die Grundschulen nicht nur bei leichten, sondern auch bei mittelschweren „Gefährdungsgraden“. Dazu zählen Bedrohung, Amokdrohung, Vandalismus, sexuelle Übergriffe und schwere körperliche Gewalt. Insgesamt wurden rund 2800 Taten erfasst, davon knapp 1500 an den Grundschulen, 890 an den Sekundarschulen und 100 an den Gymnasien. Förderschulen und Berufsschulen fallen dagegen kaum ins Gewicht.
Mehr schwere körperliche Gewalt
Auffällig ist, dass die schwere körperliche Gewalt im Schuljahr 2013/14 wesentlich häufiger gemeldet wurde als in den beiden Vorjahren: Die Zahl der Fälle stieg von 440 auf 510. Allerdings gab es 2010/11 sogar 585 derartige Meldungen, was gegen einen neuen Trend spricht. Zu den Bezirken mit den meisten Gewaltmeldungen gehören Neukölln, Lichtenberg und Mitte. Lichtenberg meldete auch die meisten Übergriffe (67) auf Schulpersonal gefolgt von Marzahn-Hellersdorf (64). Für Reinickendorf wurden nur 15 derartige Übergriffe bekannt, für Spandau 17. Zu den 13 schweren Vorfällen zählen vier Brände und neun Fälle von Waffengebrauch. Davon ereigneten sich vier an Grundschulen, sieben an Sekundarschulen und einer am Gymnasium.
Beim Thema "Drogen" versagt die Statistik
Wie ungenau die Zahlen sind, lässt sich gut am Beispiel "Suchtmittelkonsum" zeigen: Obwohl als gesetzt gilt, dass in Berlin an jeder Schule zumindest gekifft wird, nennt die Statistik nur acht Fälle für das ganze Schuljahr. Der Konsum gilt als "Gefährdungsgrad I" und muss deshalb seit einigen Jahren nicht mehr gemeldet. Drogenhandel hingegen gehört zum "Gefährdungsgrad II" und ist darum meldepflichtig. Dass die Schulen nur vier Fälle angegeben haben, könnte darauf hindeuten dass sie beim Drogenhandel keinerlei Durchblick haben.
"Schüler brauchen klare Regeln"
„Schüler brauchen klare Grenzen und Regeln, die konsequent durchgesetzt werden. Es darf keine falsche Toleranz mit Gewalt in Schulen geben“, forderte Langenbrinck angesichts der fortgesetzt hohen Gewaltzahlen in Berlin. Vor allem Mobbing, Beleidigungen, Abzocken und Geburtstagsschläge prägten den Schulalltag. Zu den klaren Grenzen und Regeln gehören für Langenbrinck Strafarbeiten wie etwa das Fegen des Schulhofes für Zuspätkommer.
Als "Alarmsignal" wertet er den Anstieg bei der schweren körperlichen Gewalt.
Langenbrinck kritisiert, dass leichte Gewaltvorfälle nicht mehr zwingend gemeldet werden müssen. Daher müsse mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden. Wichtig sei, dass die Schule auch auf leichtere Delikte reagiert. Sonst gelte: "Kommt ein Schüler damit durch, ist der Schritt zu Übergriffen nicht mehr weit".
Die gesamten Gewaltvorfälle ereigneten sich an 430 Schulen, die übrigen rund 370 öffentlichen Schulen meldeten keine Vorfälle. Neun von zehn Tätern waren männlich. Hingegen befanden sich unter den Geschädigten fast in der Hälfte der Fälle Mädchen.