Seehofer verbietet rechtsextreme Vereinigung: Schlag gegen Nazitruppe „Sturmbrigade 44“
Der Bundesinnenminister löst eine Gruppierung auf, die den SS-Kriegsverbrecher Oskar Dirlewanger verehrt und gewaltsam die Nazizeit wiederholen will.
Kurz vor dem Jahresende hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) noch einmal der rechten Szene einen Schlag versetzt.
Seehofer verbot am Dienstag nach dem Vereinsgesetz die Neonazi-Vereinigung „Sturmbrigade 44“, die sich auch "Wolfsbrigade 44" nennt. Die Zahl steht als Abkürzung für DD, gemeint ist damit die "Division Dirlewanger" der Waffen-SS. Die Division ging im Februar 1945 aus der SS-Sturmbrigade des Truppenführers Oskar Dirlewanger hervor, der reihenweise Kriegsverbrechen befahl und von 1934 bis 1936 wegen sexuellen Missbrauchs von Mädchen in Haft gesessen hatte.
Für die Neonazis der Sturm-/Wolfsbrigade 44 ist Dirlewanger ein Vorbild. Seehofers Sprecher zitierte in einem Tweet den Minister mit den Worten, "wer die Grundwerte unserer freiheitlichen Gesellschaft bekämpft, bekommt die entschlossene Reaktion unseres Rechtsstaates zu spüren“. Sicherheitskreise sagen, die Zahl der Gruppenmitglieder schwanke zwischen 15 und 20.
Die Polizei durchsuchte Dienstagmorgen Objekte von 13 Vereinsmitgliedern in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Bei den Durchsuchungen stellte die Polizei nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) unter anderem Mobiltelefone und Drogen sicher. Die Razzia war auch für Sachsen-Anhalt geplant, doch das Verwaltungsgericht Halle sah keine ausreichende Grundlage zum Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen. Eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg blieb erfolglos.
Nach Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums stellt sich die gewaltbereite Gruppe bewusst in die Tradition des Nationalsozialismus. Ziel sei ein „Wiedererstarken eines freien Vaterlandes“ nach dem „germanischen Sittengesetz“. Der Schlag gegen die Rechtsextremisten ist bereits das fünfte Verbot, das Seehofer in diesem Jahr gegen eine extremistische Organisation verfügt.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit 2018 gegen Mitglieder der Gruppierung wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Im Juli 2019 durchsuchte die Polizei in Sachsen-Anhalt, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die Wohnungen von sechs Beschuldigten sowie Objekte von vier weiteren, allerdings nicht tatverdächtigen Personen.
Zuvor hatte die Polizei in Sachsen-Anhalt in einem Zug eine Waffe in einem Rucksack entdeckt, der offenkundig den Rechtsextremisten zuzuordnen war. Die Bundesanwaltschaft bezeichnete die Sturmbrigade als „bewaffneten Arm“ der Wolfsbrigade. Einer der Beschuldigten ist als terroristischer Gefährder eingestuft.
Embleme ähnlich wie bei Rockern und Waffen-SS
Mitglieder der Sturm-/Wolfsbrigade 44 fielen bereits im September 2018 mit martialischem Gehabe auf. In Köthen (Sachsen-Anhalt) nahmen die Rechtsextremen an einer Neonazi-Demonstration nach dem Tod eines Deutschen teil. Der 22-jährige Mann war nach einer Schlägerei mit zwei Afghanen gestorben. Die Nazis der Sturm-/Wolfsbrigade trugen bei dem Auflauf T-Shirts und Jacken mit Emblemen, die Kennzeichen von Rockern wie auch der Waffen-SS ähnlich sahen. Ende 2018 posteten Mitglieder der Gruppierung in Rostock bei YouTube, „wir werden diejenigen sein, die das Blut aus den Schädeln unserer Feinde trinken werden“.
Verbote trafen auch weitere Neonazis sowie Reichsbürger und die Hisbollah
Seehofer hatte bis zum Sommer bereits vier extremistische Vereinigungen verboten. Im Januar traf es die neonazistische Organisation „Combat 18“, im März war die militante Reichsbürgertruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ an der Reihe. Im April folgte das Betätigungsverbot gegen den deutschen Ableger der libanesisch-schiitischen Terrormiliz „Hisbollah“.
Im Juni löste Seehofer die rechtsterroristische Gruppierung „Nordadler“ auf. Gegen mehrere Mitglieder von „Nordadler“ ermittelt die Bundesanwaltschaft ähnlich wie bei Sturm-/Wolfsbrigade wegen des Verdachts, sie hätten mit Waffengewalt dem Nationalsozialismus in Deutschland „zum Wiederstarken“ verhelfen wollen. Nordadler wird allerdings als rechtsterroristische Gruppierung und damit noch härter eingestuft.