Currywurst-Kult: Scharfe Schönhauser: Konnopkes neuer Imbiss
Mehr Schönhauser-Heimatgefühl geht nicht: Konnopkes Imbiss hat im neuen Bau an alter Stelle wiedereröffnet.
Waltraud Ziervogel ist 75, da tut man sich schwer mit neuen Immobilien. Doch sie ist nun mal die Chefin von Konnopkes Imbiss, das letzte Jahr in der provisorischen Bude war mühsam, aber nun steht alles und die Currywürste brutzeln wieder im Fett, wie es sich gehört, unter dem U-Bahn-Viadukt in der Schönhauser Allee. „Das ist jetzt ein neuer Standpunkt, bei dem es keine Kreuzschmerzen mehr gibt“, ruft sie ins Mikrofon, „und ich werde versuchen, noch ein paar Jahre bei euch zu bleiben.“ Dann legt der Leierkastenmann los, Berliner Luftluftluft, die Ehrengäste heben die Plastikgläser mit dem Rotkäppchen-Sekt, die Sicherheitsleute öffnen den Zugang, und etwa hundert hungrige Normalkunden bilden sofort eine dekorative, sehr werbewirksame Warteschlange.
Das neue Konnopke, eröffnet am Donnerstagvormittag, steht wieder dort, wo das ganz alte stand, südlich der Kreuzung. Doch noch nie hat es genau so ausgesehen wie heute, bedeckt mit golden eloxierten Aluminiumprofilen. „Das ist genau DDR, aber hundert pro!“ röhrt einer, der sich dann aber als Wessi und insofern nicht besonders kompetent zu erkennen gibt. Architekt Uwe Schmidtmann lässt, um diesem Eindruck entgegenzutreten, sogar farbige Informationsblätter verteilen und spricht vom „Stil der 60er Jahre“: Schon der alte Kiosk von Vater Konnopke habe leicht nach außen geneigte Wände gehabt, und das eloxierte Aluminium sei dem Zustand der 80er entlehnt worden, ergänzt er. Und eigentlich habe man sich als Ziel gesetzt, dass alles so aussehen solle, als habe es so schon immer da gestanden.
Die Konnopke-Wiedereröffnung ist das Ost-Pendant zur soeben neu gestalteten „Curry 36“ am Mehringdamm. Doch während der Umbau dort beiläufig erledigt wurde, war die Bewahrung des Traditionsimbisses unter der denkmalgeschützten U-Bahn-Trasse ein mühevolles Stück Arbeit. In den kurzen Reden werden ungewöhnlich häufig die Rechtsanwälte erwähnt, die mit dem Projekt reichlich zu tun hatten. Doch so, wie es jetzt aussieht, scheinen alle Seiten zufrieden.
Das alte Konnopke-Gefühl ist jedenfalls wieder da: Der Verkehr umtost die Bude, oben rumpelt die Bahn drüber, Bauarbeiter steuern schrille Kreischgeräusche bei, und aus der eigens für diesen Tag installierten Disko legt sich „Love is in the Air“ über die Szenerie wie der Ketchup über die Wurst – mehr Schönhauser-Heimatgefühl geht nicht. Die ersten Gäste bilden ein gemischtes Publikum, „Stammgast!“, sagen die einen, während die anderen eher mal aus Neugier von weiter her gekommen sind, und die ganz Vorsichtigen halten sich an die Bratwürste vom improvisierten Holzkohlengrill, die am Rande der Szenerie abgeflammt werden.
Zufrieden sind irgendwie alle, nur die allerersten Gäste wundern sich ein wenig darüber, dass sie vor lauter Reportern und Kamerateams überhaupt nicht zum Essen kommen. Fünf Schärfegrade stehen zur Auswahl, von normal bis Hölle, doch es bleibt für den Anfang bei den sanften Varianten. Es muss ja noch Raum zur Steigerung geben in den kommenden Konnopke-Jahrzehnten.
Bernd Matthies
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