Benefizabend im BKA-Theater: Sammeln für die Travestiekünstlerin Gérôme Castell
Vor gut einem Monat ist Gérôme Castell überfallen und zusammengeschlagen worden, weil sie ein Mann ist und sich wie eine Frau kleidet. Nun traten befreundete Künstler auf, um Geld für sie zu sammeln. Ihr Augenlicht wird sie dennoch verlieren.
Viel Geld ist am Benefizabend im BKA-Theater am Sonntag für die Travestiekünstlerin Gérôme Castell zusammengekommen – 3000 Euro insgesamt. Doch ihre schlimmste körperliche Verletzung kann auch mit dieser Summe nicht geheilt werden: Gérôme Castell wird voraussichtlich ihr rechtes Auge verlieren, wie ihre Sprecherin Sandrina Koemm dem Tagesspiegel bestätigte: „Es stehen demnächst zwei Operationen an, aber die Prognose ist nicht gut.“
Die Künstlerin war Anfang September morgens vor einer Bar in der Knesebeckstraße in Charlottenburg von mehreren Tätern brutal attackiert worden. Da ein homophobes Motiv vermutet wird, ermittelt der Staatsschutz. Über die Täter ist jedoch weiterhin nichts bekannt.
Vergangenen Sonntag waren nun Künstler wie Tim Fischer, Cora Frost, Malediva, David Pereira oder Ades Zabel unter dem Motto „I Have A Dream“ im BKA–Theater ohne Gage aufgetreten, um Gérôme Castell zu unterstützen. Es hätten noch viel mehr sein können. Weitere Künstler, die sich bereiterklärt hatten aufzutreten, passten nicht mehr ins Programm. Schon so dauerte der Abend mit Pause vier Stunden. Alle seien da gewesen, weil sie sich um Gérôme sorgten, erzählt Koemm: „Die Atmosphäre war sehr fürsorglich.“ Jeder auftretende Künstler habe zunächst ein paar persönliche Worte an Gérôme Castell gerichtet.
Aus den Geldern der Eintrittskarten, einer Spendendose und einer anderen Benefizveranstaltung sind bis jetzt nach Abzug aller Kosten 3000 Euro zusammengekommen. „Wir gehen allerdings stark davon aus, dass es am Ende nicht reichen wird“, sagt Koemm.
Gérôme Castell hatte durch die Attacke schwerste Verletzungen im Gesicht erlitten. Die vielen Operationen, der Zahnersatz und die Rehamaßnahmen sollen nun so gut es geht durch die Spendengelder finanziert werden – denn die Versicherung zahlte nicht alles, sagt Koemm.
Schon heute stehen zwei weitere Veranstaltungen zugunsten von Castell an, im „Partysane-groschen“ in Kreuzberg und im Neuköllner „Tuntentresen“. Weitere Abende sind für November geplant. Immer wird der Erlös nach Abzug aller Kosten an Castell gehen.
Die Künstlerin selbst war am Sonntagabend schließlich auch noch auf die Bühne getreten. In ihrer Dankesrede betonte sie, wie viel weniger bunt die Welt ohne Homo- und Transsexuelle wäre und rief auf, sich gegen Homophobie zu wehren: „Hass schlägt zu, ohne Worte. Aber Worte sind unsere Waffen ... Alles Negative sollten wir pro-activ und positiv umändern.“ Laut Castells Sprecherin traf sie damit die Stimmung des Abends: „Alle waren der Meinung, dass man weiter auf das Thema aufmerksam machen muss, um das Bewusstsein der Menschen zu verändern.“ Dennoch sind Auftritte wie der im BKA-Theater für Gérôme Castell nach wie vor sehr anstrengend, sie müsse sich noch viel ausruhen, so Koemm: „Sie ist tapfer und die Welle der Zuneigung ist extrem. Aber das erschöpft auch.“
Selbst aufgetreten ist sie an dem Abend dennoch: Zum Abschluss sang Castell zwei Strophen aus ihrem Hildegard- Knef-Programm: Für sie solle es rote Rosen regnen, wünschte sie sich. Auch wenn sie das rechte Auge vielleicht verliert, der Auftritt zeigte: Ihre Stimme ist noch da.
Karoline Kuhla
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