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Panzer beim Deutsch-Russischen Museum in Karlshorst.
© Alice Epp

Berlin-Karlshorst: Russisches Museum: Ukrainer und US-Amerikaner erinnern an Kriegsende

Beim Erinnerungsfest im Deutsch-Russischen Museum zum Kriegsende in Karlshorst spielen in diesem Jahr die Unruhen in der Ukraine eine völlig unerwartete Rolle.

Ein Kopfnicken, Kommando zum Einsatz, dann zieht schwermütige Musik über den Rasen. Der Wind zerrt an der Plastikplane des Partyzelts, er verwuschelt die Haare der Pfarrer, schleudert die Notenblätter des Hornisten und des Trompeters auf den Boden (mit unmittelbarer Wirkung auf die Qualität der Musik). Am Himmel ziehen sich dunkle Wolken zusammen, am Boden, beim Deutsch-Russischen Museum in Karlshorst, beginnt das traditionelle Fest zur Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs mit einem Ökumenischen Gottesdienst. Am späteren Abend endete es am Donnerstag im Saal, in dem 1945 die deutsche Kapitulation unterzeichnet worden war, mit einem Toast auf den Frieden.

So weit alles wie immer.

Gast beim Fest sind diesmal die Vereinigten Staaten, wegen des 70. Jahrestags des D-Days, der Landung der Alliierten in der Normandie 1944. Gast ist jährlich ein Land, das in den Krieg verwickelt war.

So weit auch alles ganz normal.

Nicht normal ist, dass Museumsdirektor Jochen Morré sagt: „Wir sind in einer hässlichen Situation.“ Der Konflikt in der Ukraine, das gehört zur hässlichen Situation.

Der Erinnerungstag ist in erster Linie den Leiden der Menschen in Russland, in der Ukraine und in Weißrussland gewidmet. Zur Erinnerung gehört auch das Georgsband, an dem eine Medaille hängt, eine jahrhundertealte Kriegsauszeichnung in Russland. Viele Kriegs-Veteranen, aber auch viele andere Bürger tragen es, Ukrainer, Weißrussen, Russen. Sie tragen es in ihrer Heimat, vor allem am 8. Mai, am Tag der Befreiung. Auch Besucher in Karlshorst zeigten das Band.

Aber dieses Symbol hat jetzt seinen Mythos eingebüßt. Denn die russlandaffinen Separatisten in der Ostukraine haben als Erkennungszeichen ausgerechnet das Georgsband gewählt. Eine Provokation für viele national orientierte Ukrainer. Morré befürchtete wütende Proteste von Besuchern, er befürchtete bei so einer Dynamik eine beschämende Aufrechnung der Opfer. Welches Land hatte mehr gelitten? Russland? Die Ukraine?

Der russische, der ukrainische und der weißrussische Botschafter kamen am Abend. Diplomaten, die sich korrekt ans Protokoll hielten. „Es gab im Vorfeld überhaupt keine Probleme“, sagt Morré. Aber auch bei den Besuchern gab es zu Morrés Erleichterung keine Probleme.

Das einzige protokollarische Problem, das im Vorfeld aufgetaucht war, das bekam Morré in Griff. „Der deutsch-russische Kinderchor kann nicht wie geplant um 14 Uhr auftreten, da ist noch Unterricht“, hatte die Musiklehrerin mitgeteilt. Aber bitte, Morré war doch flexibel. Die hellen Stimmen ertönten um 15.30 Uhr.

Frank Bachner

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