Großbaustelle in Berlin-Charlottenburg: Rudolf-Wissell-Brücke wird saniert
Die Rudolf-Wissell-Brücke auf der Stadtautobahn wird erneuert. Und auch das Dreieck Charlottenburg soll neu sortiert werden. Planer sollen daher "kreativ" sein.
Es geht los an Berlins längster und vielleicht wichtigster Brücke: Für den Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke im Verlauf der Stadtautobahn A 100 in Charlottenburg gibt es jetzt die ersten Ausschreibungen. Die Fernstraßenplanungsgesellschaft Deges des Bundes sucht darin europaweit Planer, die das komplizierte Projekt stemmen können. Das Konzept soll zudem die verkehrlichen Einschränkungen minimieren. Immerhin rollen täglich mehr als 175 000 Autos über die Brücke.
Am einfachsten wäre es, eine Hälfte der Brücke abzureißen und neu zu bauen und den Verkehr – mit weniger Fahrspuren als jetzt – über die andere Hälfte zu führen. Anschließend könnte man die Seiten wechseln. Doch das ist bei dem 1958 bis 1961 errichteten 933 Meter langen Bauwerk nicht möglich. Die Fahrbahnen werden von einem gemeinsamen sogenannten Überbau getragen, der aus Hohlkästen besteht. Gestützt werden sie durch Pfeiler, die das gesamte Bauwerk tragen. Dies sieht zwar elegant aus, lässt aber nicht zu, einfach nur eine Hälfte der Brücke zu entfernen.
Die Sanierung ist kompliziert, eine einfache Lösung nicht in Sicht
Dies wäre nur möglich, wenn der stehen bleibende Teil des Bauwerks zusätzlich abgestützt wird, was nach Angaben von Ingenieuren sehr aufwendig wäre. Deshalb lässt das Ausschreibungsverfahren auch den Bau einer Behelfsbrücke zu, was aber auch nicht viel einfacher wäre. Im Brückenbereich gibt es Hochspannungsleitungen, Kleingärten und die Anlagen der Schleuse Charlottenburg. Außerdem verläuft unter der Brücke die ICE- und Regionalbahnstrecke zwischen Spandau–Jungfernheide–Hauptbahnhof.
Beim Bau einer Behelfsbrücke, die auch teuer würde, müssten weitere Grundstücke gekauft werden. Dieser Weg werde deshalb "hinsichtlich einer optimalen Lösung ausdrücklich infrage gestellt", heißt es in der Ausschreibung.
Die Deges hat deshalb die potenziellen Teilnehmer des Wettbewerbs aufgefordert, "für dieses Projekt ungewöhnliche und kreative Ideen zu entwickeln." Die technische Umsetzbarkeit müsse aber nachgewiesen werden.
Auch in der Bauzeit soll der Verkehr sechsspurig fließen
Auch weitere Vorgaben haben es in sich: Die Deges strebt an, in der Bauzeit den Verkehr wie jetzt sechsspurig zu führen. Auch eine Variante mit vier Spuren ist möglich, wird bei der Auswahl aber schlechter bewertet. Zugelassen sind auch Konzepte für eine Verkehrsverlagerung auf Stadtstraßen oder auf andere Verkehrsmittel. Ein Umsteigen in Bahnen und Busse kann aber nicht vorgeschrieben werden.
Zudem sollen die Planer auch untersuchen, wie das Dreieck Charlottenburg durch einen Umbau den inzwischen bestehenden Verkehrsströmen angepasst werden kann. Konzipiert war das Dreieck für einen durchgehenden Verkehr auf der Stadtautobahn A 100 mit einem Abzweig nach Norden zur A 111. Inzwischen konzentriert sich der Verkehr Richtung Norden. Angestrebt wird deshalb ein nahtloser Übergang von der A 100 auf die A 111 – mit einer Ab- und Auffahrt zur A 100 Richtung Wedding. Bei einem Umbau des Dreiecks könnte auch der Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke in einer leicht veränderten Lage erfolgen, heißt es in der Ausschreibung weiter. Der Gewinner der Ausschreibung soll am 12. Februar 2018 feststehen.
Die Rudolf-Wissell-Brücke muss nicht zum ersten Mal saniert werden
Erste Instandsetzungsarbeiten an der Brücke, die eine schlechte Zustandsnote von 3,0 hat, hatte es bereits 1968 bis 1971 gegeben. Zwischen 1980 und 1984 wurde das Bauwerk weiter verstärkt. Würde es jetzt erneut nur "ertüchtigt", riskiere man eine dauerhafte Schädigung des Tragwerks, steht weiter in der Ausschreibung. Zudem würde sich die Nutzungsdauer nur um 20 Jahre verlängern.
Beim Ersatzneubau hofft die Deges, mit einem Plangenehmigungsverfahren auskommen zu können, das kürzer ist als das Planfeststellungsverfahren für echte Neubauten. So oder so: Vor 2022 wird wohl nicht gebaut.