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Eigentlich wollte Betül Ulusoy im Juli 2015 ihr Referendariat im Neuköllner Rathaus beginnen, doch ihr Kopftuch ist dort nicht gern gesehen.
© Anna Agliardi/Exberliner

Kopftuchstreit in Neukölln: Rückständig ist nur das Bezirksamt

Ob jemand rückständig ist, oder nicht, erkennt man nicht an einem Stück Stoff auf dem Kopf. Der Fall der Berliner Bloggerin Betül Ulusoy beweist das. Ein Kommentar.

Die Kopftuchdebatte ist neu eröffnet. Und wo sonst als im Berliner Bezirk Neukölln, wo schon der ehemalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky den Kulturkampf stellvertretend für ganz Deutschland zu führen schien. Seine Nachfolgerin, Franziska Giffey, führt sein Erbe fort und gibt einer muslimischen Juristin, die einen Job in Aussicht gestellt bekommen hatte, offen zu verstehen, dass sie wegen ihres Kopftuchs nicht gerade willkommen sei.

In Kontakt mit den Bürgern sei ein Kopftuch problematisch, gerade wenn von der Trägerin hoheitliche Aufgaben übernommen würden, argumentiert Giffey. Das verwundert nicht, denn gemeinhin gilt das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung, als rückständig, Integrationshemmnis. Das Bezirksamt ist gut beraten, die eigenen Vorurteile zu prüfen. Denn es hätte jedes Recht, rückständigen, unterdrückten, integrationsverweigernden Menschen den Job zu verwehren. Doch solche Menschen erkennt man nicht an einem Stück Stoff auf dem Kopf.

Wie der Fall von Betül Ulusoy beweist, die ihr erstes Staatsexamen in Jura in der Tasche hat und sich nun gegen die Sonderbehandlung wehrt. Wenn vom Kopftuch unbedingt ein Signal ausgehen soll, dann doch bitte, dass es auch von Muslimas getragen wird, die sich eben nicht unterdrücken lassen. Auch nicht von der Verwaltung.

In einer früheren Version dieses Textes fühlte sich Frau Giffey ungenau wiedergegeben. Wir haben die entsprechende Passage angepasst.

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Sidney Gennies

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