Nach Krisensitzung des Berliner Senats: Rot-Rot-Grün will Mietendeckel-Plan deutlich verändern
Lompschers Plan zum Mietendeckel hat für Streit in der Koalition des Landes Berlin gesorgt. Nun will Rot-rot-grün die Details verhandeln – und vieles ändern.
Die Nerven bei der Linken liegen offenbar blank. Sie ärgerte sich am Montag darüber, dass die SPD in der Senatskanzlei zu einem Hintergrundgespräch über die publik gewordene Arbeitsgrundlage für den Mietendeckel eingeladen hatte. Und hat daraufhin auf einen Koalitionsausschuss am Dienstag nach der Senatssitzung gedrungen.
Nach dieser Sitzung und dem Koalitionsausschuss versicherten SPD, Grüne und Linke gleichermaßen, dass man sich als Koalition zu einem Gesetz zum Mietendeckel bekenne. Aber sonst blieben am Dienstag alle inhaltlichen Fragen noch offen. Und die Stimmung? „Es wurde nicht nur gebrüllt“, sagte ein Teilnehmer nach der Sitzung.
Die Senatssitzung verlief dem Vernehmen nach „unaufgeregt“, aber doch auch angespannt. Denn die Linke ist stocksauer, dass die Arbeitsgrundlage öffentlich gemacht wurde – vor dem Referentenentwurf, der bis Ende der Woche vorliegen soll.
Auf SPD-Seite sprach man von „sozialistischen Absenkungsideen“, die die Fachverwaltung der Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) in diesem Gesetz verankern wolle. Die Mietobergrenzen werden in dem Papier in 17 Stufen zwischen 3,42 Euro und maximal 7,97 Euro pro Quadratmeter angegeben.
Die SPD warnt vor zusätzlichen Eingriffen in dem Gesetz und favorisiert einen „atmenden“ Mietendeckel, um gemeinwohl- oder mieterorientierte Unternehmen und Genossenschaften zu entlasten. Die Genossenschaften verlangen rund 5,60 Euro Miete pro Quadratmeter im Monat.
Für sozial orientierte Vermieter seien die aktuellen Pläne „ein Schlag ins Gesicht“, sagte Frank Schrecker, Sprecher der Berliner Genossenschaften. Dass Genossenschaften in Berlin investieren, dürfte so zur Ausnahme werden. Die Mietobergrenzen seien willkürlich bestimmt.
Grüne fordern mehr Personal, um Auftragsflug abzuarbeiten
Auch die Grünen pochen auf einen Interessenausgleich zwischen Mieterschutz und Eingriffen in den Mietenmarkt. Die wohnungspolitische Sprecherin, Katrin Schmidberger, sagte, es müsse ausreichend Personal in den Bezirken geben, um die zu erwartende Antragsflut von Mietern, ihre Miete zu senken, abzuarbeiten. Wie die SPD spricht sich die Partei für einen „atmenden Mietspiegel“ aus, der Mieterhöhungen unter einer gewissen Grenze im Jahr zulässt.
Über die inhaltlichen Differenzen zwischen den Koalitionspartnern wurde am Dienstag im Koalitionsausschuss nicht gesprochen. Die Linke ärgerte sich über das „wilde Geplapper“ über einen noch nicht einmal vorgelegten Referentenentwurf. Man wolle keinen „Placebo-Mietendeckel“. Er müsse „Wirksamkeit entfalten“, sagte Parteichefin Katina Schubert.
Finanzsenator Kollatz (SPD): „einen Gang zurückzuschalten“
Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) rief die Beteiligten im Anschluss an die Koalitionsrunde dazu auf, „einen Gang in der Debatte zurückzuschalten“. Mit Blick auf das an die Öffentlichkeit gelangte Papier aus dem Hause Lompschers sagte er: „Es hat bisher weder eine Ressortbeteiligung noch ein Mitzeichnungsverfahren stattgefunden.“
So weit, aus den „Ideen“ oder „Überlegungen“ aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung umsetzbare Schritte und schließlich einen Senatsentwurf werden zu lassen, „sind wir deutlich noch nicht“, erklärte Kollatz.
Wie vor ihm der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) legte auch Kollatz Wert darauf, am Ende des Verfahrens ein rechtssicheres Gesetz vorlegen zu können. Schließlich hatte Berlins ehemaliger Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) im Tagesspiegel-Interview angekündigt, die Verfassungsmäßigkeit des Mietendeckels mittels einer Normenkontrollklage überprüfen lassen zu wollen.
Vor diesem Hintergrund zitierte Kollatz aus dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Mietpreisbremse. Darin heißt es, die Grenzen regulativer Eingriffe würden dort überschritten, wo Miethöhenregulierung auf Dauer zu Verlusten für die Vermieter oder zu einer Substanzgefährdung der Mietsache führten.
Ohne die Pläne Lompschers, Mieten nicht nur einfrieren, sondern auch senken zu wollen, direkt zu erwähnen, erklärte Kollatz: „Ich gehe davon aus, dass auch solche Themen der neueren Rechtsprechung von allen Senatsmitgliedern sorgfältig abgewogen und diese Grenzen gewahrt werden.“
CDU und FDP wollen Pläne im Abgeordnetenhaus stoppen
Tatsächlich stören sich vor allem Vertreter der SPD offenbar daran, dass Lompscher aus dem Deckel, der ursprünglich zur Deckelung des Mietenanstieg vorgesehen war, ein Paket zur Mietensenkung machen will. Kollatz jedenfalls betonte gleich mehrfach, dass es dabei von Beginn an darum gegangen sei, spekulative Mieterhöhung zu beschneiden und Bausubstanz zu erhalten. „Ich gehe davon aus, dass wir beide Eckpunkte in dem Entwurf wiederfinden“, sagte Kollatz.
Während sich das Abgeordnetenhaus am kommenden Donnerstag wohl mit dem Klimaschutz beschäftigen wird, setzen die Oppositionsparteien CDU und FDP das Thema Mietendeckel mit Dringlichkeitsanträgen auf die Tagesordnung. Darin fordern die Fraktionen den Senat auf, die Gesetzespläne zum Mietendeckel einzustellen und plädieren für ein breites Bündnis mit allen Akteuren für Neubauten. Die umstrittenen Pläne seien „Gift für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins“, schreibt die FDP.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität