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Robert Habeck, Bundesvorsitzender B90/Grüne, bei der IHK Berlin zum wirtschaftspolitischen Frühstück.
© DAVIDS/Sven Darmer

„Wir sind konkreter als jemals zuvor“: Robert Habeck fordert mehr Investitionen

Beim Wirtschaftsfrühstück stellte sich Habeck den Fragen von Berliner Unternehmern. Er forderte höhere öffentliche Investitionen und gestand Widersprüche in seiner Partei.

„Atemberaubend“ sei der Zuspruch, sagt Beatrice Kramm, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. Rund 400 Unternehmer sind am Donnerstag ins Ludwig-Erhard-Haus gekommen, um mit Grünen-Chef Robert Habeck zu diskutieren. Mehr Anmeldungen hat es beim traditionellen wirtschaftspolitischen Frühstück nur gegeben, als CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble da war – und als Klaus Wowereit als Berlins Regierender Bürgermeister seinen Abschied gab.

Aber Habeck sei ja auch ein „besonderer Gast“, sagt die IHK-Präsidentin. Der Schleswig-Holsteiner werde landauf landab als potenzieller Kanzlerkandidat gehandelt. Kramm verweist auf eine Umfrage, nach der in einer Direktwahl doppelt so viele Menschen den Grünen-Politiker zum Kanzler wählen würden wie CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Neugierde bei den Unternehmern ist also groß.

Auf Spekulationen über seine Ambitionen aufs Kanzleramt mag Habeck allerdings nicht eingehen. „Die Dinge werden dann entschieden, wenn sie zu entscheiden sind“, sagt er. In der aktuellen politischen Situation sei die „einzig angemessene Form“, sich mit Sachfragen auseinanderzusetzen und nicht mit der K-Frage. Für seine Partei sieht Habeck eine veränderte Rolle.

Wer die Transformation zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft schaffen wolle, müsse dafür gesellschaftliche Mehrheiten finden. Die Grünen machten mittlerweile „aus dem Zentrum der Gesellschaft“ heraus Politik und versuchten, den Menschen nicht einen bestimmten Lebensstil vorzuschreiben – sondern für „systemische Veränderungen“ zu werben.

Habeck will mehr Investitionen der öffentlichen Hand

An die Unternehmer appelliert Habeck, offen für Veränderungen zu sein, auch um Deutschlands Exportstärke zu verteidigen. Zur „Neujustierung“ der sozialen Marktwirtschaft gehört aus seiner Sicht ein C02-Preis: Wer ökologisch produziere, dürfe im Wettbewerb nicht schlechter da stehen.

Was seine wichtigsten Forderungen für einen Koalitionsvertrag seien, will ein Teilnehmer wissen. Es gehe darum, die CO2-Emissionen runterzubringen, sagt Habeck. Außerdem brauche es eine neue Europapolitik. Es sei ein „dämlicher“ Gegensatz, zwischen deutschen und europäischen Interessen zu unterscheiden.

Auf breite Zustimmung im Publikum stößt Habeck, als er mehr Investitionen der öffentlichen Hand einfordert. Eine andere Wirtschaftsweise erfordere massive Investitionen in die Infrastruktur, sagt er. Die müssten vom privaten Sektor aufgebracht werden, aber auch von der Politik. Bei den öffentlichen Investitionen sei Deutschland hinter China und die USA zurückgefallen.

Es ging um konkrete Detailfragen

Die Einführung der Schuldenbremse sei zwar richtig gewesen, er wolle auch nicht zur Schuldenfinanzierung konsumtiver Ausgaben zurück. Aber wer die schwarze Null erreichen wolle, müsse auch investieren, sagt Habeck – und verweist auf eine Studie des Industrieverbands BDI.

In der Debatte geht es nicht nur um die großen Linien, sondern auch um konkrete Detailfragen. Auf den gerade vom rot-rot-grünen Senat beschlossenen Mietendeckel kommt Christian Gräff zu sprechen, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus.

Ob die Landesregierung nicht wenigstens vorher die Genossenschaften als Betroffene hätte anhören müssen, will Gräf wissen. Es sei immer richtig, vorher das Gespräch zu suchen, sagt Habeck. Er selbst habe sich in den letzten Tagen mit den Wohnungsunternehmen Vonovia und Deutsche Wohnen getroffen. Man könne „immer voneinander lernen“.

„Wir sind konkreter als jemals zuvor“

Ein anderes Thema das zur Sprache kommt, ist die Haltung der Grünen zum Datenschutz. Neue Technologien erforderten die Verfügbarkeit von vielen Daten, sagt ein Unternehmer. Auf europäischer Ebene wollten die Grünen jedoch das Datensammeln verhindern. Das sei „ein Widerspruch“, gibt Habeck zu. Komplett auflösen lasse er sich nicht, aber die Kompromisslinien müssten immer wieder „neu justiert“ werden.

Als ein Beispiel nennt Habeck, dass Bürger Behörden freiwillig ermöglichen könnten, auf Daten zuzugreifen – etwa um Kindergeldanträge nicht immer wieder neu stellen zu müssen. Auch intelligente Stromzähler („Smart Meter“) müssten Daten verwenden können. Nicht zuletzt solle der Staat den Firmen öffentliche Daten zu Verfügung stellen – etwa Geodaten – um Innovationen voranzubringen.

Den Vorwurf, die Grünen befänden sich im Höhenflug, weil sie vage blieben, weist Habeck zurück. „Wir sind konkreter als jemals zuvor“, sagt er. Es sei auch „kein Bruch mit Prinzipien“, wenn die Partei in der Lage sei, sowohl Koalitionen mit CDU, SPD, FDP als auch der Linkspartei einzugehen. Dass im Herbst 2017 Jamaika im Bund gescheitert sei, bedauert Habeck. Die Koalition „hätte es geben müssen, um etwas Neues zu probieren“. Diese „staatsbürgerliche Dimension“ sei vielen nicht klar gewesen. In Bündnissen unterschiedlicher Partner sei „mehr Generosität“ notwendig.

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