Feuer, Festnahmen, Angriffe auf Polizisten: „Revolutionäre 1. Mai-Demo“ am Abend in Berlin eskaliert
In Berlin hat es erstmals seit Jahren wieder brennende Barrikaden bei einem linkem Protestmarsch gegeben. Tausende radelten zuvor friedlich nach Grunewald.
Erstmals seit Jahren ist es bei „Revolutionären 1. Mai Demonstrationen“ wieder zu massiven Ausschreitungen und gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Der Zulauf war mit rund 10.000 Teilnehmern sehr groß.
In Neukölln kam es zu den ersten Auseinandersetzungen, nachdem die Polizei den schwarzen Block wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln von der Demonstration ausgeschlossen hatte. Es flogen Flaschen und Steine, Demonstranten versuchten mit einem Bauzaun von einer Baustelle Barrikaden zu errichten.
In der Sonnenallee kam es zu weiteren Ausschreitungen. Dort sind mehrere Müllcontainer in Brand gesetzt worden. Einsatzkräfte mussten teilweise wegen massiven Flaschen- und Steinwürfen zurückweichen. Gegen 21 Uhr wurde die Demonstration vorzeitig aufgelöst. Die Lage beruhigte sich dann.
Sein Ziel, den Oranienplatz in Kreuzberg, erreichte der Demonstrationszug nicht. Neben linksradikalen Gruppen waren auch Jugendliche an den Randalen beteiligt. Ein weiteres Problem waren Betrunkene, die sich nicht an die Corona-Regeln halten wollten.
Mindestens 30 Beamte seien nach vorläufigen Zahlen verletzt worden, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am späten Abend. Es wurde erwartet, dass die Zahl noch weiter und deutlich steigt. Nach bisherigem Stand habe es über den ganzen Tag verteilt 240 Festnahmen gegeben, berichtete eine Sprecherin der Polizei. Nach Einschätzung der Polizei haben die Ausschreitungen aber nicht das Ausmaß der letzten großen Randalejahre vor mehr als einem Jahrzehnt erreicht.
Polizei appellierte an Demonstranten, Corona-Regeln einzuhalten
Die Polizei sprach zunächst von mehreren Tausend Teilnehmern. Beobachter sahen hingegen eine der größten revolutionären 1. Mai-Demonstrationen der vergangenen Jahre. 2017 waren es rund 10.000 Menschen. Die Demonstration richtete sich gegen Rassismus und Kapitalismus sowie die Mietenpolitik.
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Immer wieder musste die Polizei per Lautsprecher die Demonstranten dazu aufrufen, sich an die Corona-Regeln zu halten. Bereits der Start am Hermannplatz hatte sich verzögert, weil Mindestabstände nicht eingehalten wurden und einige keine Masken trugen.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte am Abend erklärt, wenn die Corona-Regeln bei der abendlichen Demonstration nicht eingehalten würden oder es zu Gewalttätigkeiten komme, sei die Auflösung der Demonstration eine Option.
30.000 Menschen demonstrierten in Berlin
Die Polizei war mit 5600 Beamten im Einsatz und sicherte mehr als 20 angemeldete Demonstrationen. Tagsüber verlief alles friedlich. Knapp 60 Anzeigen waren bis zum Nachmittag erstattet worden, vorwiegend wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz. Insgesamt nahmen an allen Demonstrationen 30.000 Menschen teil.
Unerwartet viele Menschen beteiligten sich am Nachmittag an einem kilometerlangen Fahrradkorso durch Berlin-Grunewald. Rund 10.000 Menschen zogen durch das Villenviertel. Die satirische Demonstration stand unter dem Motto „Grunewald noch lahmer legen“. Auf einem Plakat stand „Faire Miete statt Profite“. Die Aktion verlief friedlich.
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Bei der Demonstration der Clubszene waren es 4000 Menschen. Bei einem Protest von rund 200 Gegnern der Corona-Einschränkungen in Lichtenberg führte die Polizei am Mittag schon zu Beginn mehr als ein Dutzend Teilnehmer ohne Maske zur Seite und nahm ihre Personalien auf.
Schon am Vorabend des 1. Mai waren rund 3500 Menschen bei zwei Demonstrationen weitgehend friedlich auf die Straße gegangen. Vereinzelt gab es Flaschen- und Steinwürfe.