zum Hauptinhalt
Volles Tempo. Auch Leichtathleten lernen an der Eliteschule des Sports.
© Kitty Heinrich-Kleist

Eliteschule des Sports in Berlin: Rektorin verzweifelt gesucht

Seit Monaten ist ungeklärt, wer die Sport-Eliteschule in Hohenschönhausen im neuen Schuljahr leitet.

Im Büro von Gerd Neumes steht ein Pokal, der an eine moderne Skulptur erinnert. Das Symbol für die Auszeichnung des Schul- und Leistungssportzentrums Berlin als „Eliteschule des Sports 2014“. Am 20. Juli wird Neumes die Plastik zum letzten Mal sehen, es ist der letzte Schultag, es wird auch der letzte Arbeitstag des Schulleiters Neumes sein. Er geht in Ruhestand, nach 24 Jahren an der Spezial-Schule in Hohenschönhausen. Und wenn er Glück hat, weiß er dann sogar, wer seine Nachfolgerin wird.

Er hätte es gerne schon vor Monaten gewusst, er hätte gerne schon vor Monaten seinen Schreibtisch geräumt. Er hätte gerne darauf verzichtet, seine Amtszeit zu verlängern, erst bis Weihnachten, dann bis Ostern, nun also bis zum letzten Schultag. Aber die Frage, wer im neuen Schuljahr das SLZB leitet, wurde zu einer fast endlosen Geschichte. In der Schule, bei Lehrern vor allem, ist der Frust deshalb gewaltig. Jetzt kommt doch noch Bewegung in die Sache. In einigen Tagen wird die Schulkonferenz zusammentreten und eine Nachfolgerin von Neumes empfehlen. Die endgültige Entscheidung trifft dann die Schulaufsicht.

Gut möglich aber, dass der Ärger nach der Entscheidung weitergeht. Das liegt an den Kandidatinnen, die sich beworben haben. Eine der Bewerberinnen ist seit 15 Jahren Lehrerin am SLZB. Die andere Kandidatin ist Kerstin Beurich (SPD), Bildungs-Bezirksstadträtin von Lichtenberg. Sie möchte nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus ihr politisches Amt aufgeben.

Kerstin Beurich hat schulintern wenig Unterstützung

Das Problem könnte weitergehen, wenn Kerstin Beurich den Zuschlag erhält. Denn nach Informationen des Tagesspiegel favorisieren Lehrer, Eltern und Schüler Beurichs Konkurrentin. Die verfügt als langjährige SLZB-Lehrerin über alle nötigen internen Kenntnisse. Sie kennt die Trainer, sie kennt die Lehrer, sie kennt die Abläufe. „Wir sind ja keine normale Schule, bei uns muss man viel koordinieren zwischen Trainern und Lehrern, da muss man die Leute kennen, sonst dauert eine Problemlösung viel zu lange“, sagt ein langjähriger SLZB-Pädagoge. Nach Tagesspiegel-Informationen sprachen sich Mitglieder des Eltern-, des Lehrer- und des Schülerausschusses intern für die Pädagogin aus. Und Vertreter dieser Gruppen sitzen in der Schulkonferenz.

Kerstin Beurich dagegen hat schulintern wenig Unterstützung. Die studierte Physikerin und Bauingenieurin stand vor zehn Jahren zum letzten Mal vor einer Schulklasse. Da hörten ihr noch Berufsschüler zu. Von 1991 bis 2006 war sie im Berliner Schuldienst tätig. Politisch ist sie zwar auch für Sport zuständig, aber es ist nicht bekannt, wie ausgeprägt ihre Affinität zu diesem Gebiet ist. Mehrfache Anfragen ließ sie unbeantwortet.

Eine Eliteschule des Sports erfordert spezielle Kenntnisse, immerhin werden hier Hochleistungssportler geformt. Franziska van Almsick, Robert Harting, Britta Steffen, nur ein kleiner Ausschnitt jener Stars, die im SLZB ausgebildet wurden.

Schulleiter Gerd Neumes.
Schulleiter Gerd Neumes.
© Thilo Rückeis

Deshalb sagt auch Beate Stoffers, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Bildung: „Tatsächlich sind viele Besonderheiten am SLZB gegenüber anderen Schulen zu beachten. Diese Aspekte werden im Auswahlverfahren berücksichtigt, da die Laufbahnverordnung die Unterscheidung von allgemein bildenden und allgemein bildenden Schulen mit besonderer Prägung nicht kennt.“ Und was die lange Suche angeht: „Die Besetzungsverfahren brauchen bei Schul- und Leistungszentren in der Regel ein Jahr, daher wird entsprechend früh ausgeschrieben.“ Das alles erklärt natürlich nicht die lange Hängepartie. Neumes steht ja seit langem bereit, seine Nachfolgerin einzuarbeiten.

Unter Experten kursieren ein paar Vermutungen für die Verzögerung. Da ist die mutmaßlich höhere Besoldungsgruppe von Kerstin Beurich, sie hätte deshalb einen Vorrang gegenüber ihrer Mitbewerberin. Und die Senatsverwaltung habe wohl auch Angst, dass Beurich klagen könnte, wenn sie unterliegt. Rein fachlich spreche aber alles für ihre Konkurrentin.

Oder wurde intern zeitintensiv versucht, Beurich gesichtswahrend zu einem Rückzug zu bewegen? Oder aber, auch dieser Punkt kursiert als Frage: Soll eine Genossin nach dem Ausscheiden aus dem Amt von der SPD-geführten Schulverwaltung versorgt werden? Verzögert sich deshalb alles? Für Neumes jedenfalls ist eine Frage geklärt: „Am 20. Juli gehe ich endgültig.“

Frank Bachner

Zur Startseite