Geplante Landesbibliothek in Berlin: Rechnungshof übt scharfe Kritik an ZLB-Plänen
Der Landesrechnungshof meint, die Wirtschaftlichkeit des Neubaus der Zentralen Landesbibliothek sei unzureichend geprüft worden. Die CDU setzt sich von dem Vorhaben weiter ab - dafür werben jetzt Prominente für die umstrittene Bücherei.
Das Ringen um den geplanten Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) auf dem Tempelhofer Feld geht in eine neue, noch härtere Runde – und entzweit zunehmend die rot-schwarze Koalition.
Wie am Sonnabend bekannt wurde, hat der Landesrechnungshof bereits Ende Januar die vorbereitenden Maßnahmen des Senats für das Projekt scharf gerügt. In einem Bericht, der den Senatsverwaltungen für Kultur, Finanzen und Stadtplanung zuging, werden Versäumnisse bei den Flächen- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen kritisiert sowie bei der Prüfung alternativer Standorte. Die CDU erklärte am Sonnabend, sie nehme diese Kritik „sehr ernst“. Es sei an der Zeit, das Vorhaben in der rot-schwarzen Koalition „neu zu bewerten“. Unterdessen geht die Leitung der Landesbibliothek vor dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld in die Offensive: Sie wirbt jetzt auf Litfaßsäulen und im Internet mit Prominenten, die sich für den ZLB-Neubau aussprechen.
Das Prestigeobjekt der Sozialdemokraten ist schon seit längerem in der Koalition umstritten. Die Christdemokraten betonen nun erneut, für sie habe der ZLB-Neubau keine Priorität. Der Rechnungshof hatte seine Kritik nach eingehenden Prüfungen in einem Vorbericht geäußert und die drei Senatsverwaltungen zugleich aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Wie er diese Antworten bewertet, wird sich im inzwischen fertiggestellten Jahresbericht der Berliner Rechnungsprüfer zeigen, den sie am Montag vorstellen wollen.
Neubau als günstigste Lösung?
Der Senat ging schon am Sonnabend auf Konfrontation. Man habe sich nichts vorzuwerfen, sagte der Sprecher der Senatskulturverwaltung, Günter Kolodziej. Die Notwendigkeit eines Neubaus sei „gut begründet“ worden. „Wir haben das sorgfältig analysiert und auch untersucht, ob alternative, schon bestehende Standorte wie das alte Tempelhofer Flughafengebäude nach entsprechenden Umbauten wirtschaftlicher wären.“ Unterm Strich habe sich ein Neubau „ als günstiger erwiesen“. Dessen Kosten werden mit 270 Millionen Euro angegeben. Wenn der Rechnungshof an seiner Kritik festhalte, müsse man „damit leben“, ergänzte Senatssprecher Richard Meng. „Letztlich ist die ZLB ja eine politische Entscheidung.“
Für ihren Einzug ins alte Terminalgebäude setzt sich der Haushaltsexperte der Grünen, Jochen Esser, ein. Der Trakt müsse ohnehin saniert werden. Hier sind nach einer Vorlage der Stadtentwicklungsverwaltung an den Hauptausschuss Kosten in Höhe von 237 Millionen Euro vorgesehen; verteilt auf die nächsten Jahre. Die Grundinstandsetzung soll demnach 144 Millionen Euro kosten, Modernisierungsarbeiten 50 Millionen Euro und 43 Millionen für die laufende Instandhaltung. Neben der Sanierung der Hangardächer, durch die Wasser eindringt, muss unter anderem die Brandschutzanlage erneuert werden, damit es eine Dauergenehmigung für Veranstaltungen geben könne, steht im Bericht. Die derzeitigen Einzelgenehmigungen gebe es nur noch für eine Übergangszeit. Auch die Energieanlagen müssten modernisiert werden. Die Ausfallwahrscheinlichkeit der veralteten Technik erhöhe sich ständig. Eine Grundsanierung sei zudem bei den von der Polizei gemieteten Flächen erforderlich.
Außenminister Steinmeier als Fürsprecher der ZLB
Die SPD und die Leitung der Zentral- und Landesbibliothek lehnen das alte Terminal als Alternative entschieden ab. Die Räumen seien „völlig ungeeignet“. Die aus seiner Sicht neue, schöne Bibliothekswelt im Neubau zeigt der Senat derzeit in einem Infopavillon auf dem Flughafengelände. Dort sind die teils preisgekrönten Entwürfe des Architektenwettbewerbes für die Bibliothek zu sehen. Und die ZLB lässt neuerdings auf Postern und in Videos Prominente für sich sprechen – beispielsweise die Entertainerin Gayle Tufts und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). „Die bisherigen ZLB-Teile Amerika-Gedenkbibliothek, Berliner Stadtbibliothek und das Außenmagazin im Westhafen sind total beengt“, heißt es da. „Sie brauchen dringend mehr Platz“.
Christoph Stollowsky, Klaus Kurpjuweit