Vorstoß des SPD-Fraktionschefs: Raed Saleh regt Staatsvertrag mit Muslimen in Berlin an
SPD-Fraktionschef Raed Saleh regt an, einen Staatsvertrag mit islamischen Verbänden in Berlin zu prüfen. Zwar könnten diese dann wohl auch weiterhin keine Steuern erheben, aber geltende Rechte würden zusammengefasst und ergänzt.
Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh schlägt vor, mit der islamischen Gemeinde in Berlin einen Staatsvertrag abzuschließen. Auf der Jahresklausur der SPD-Abgeordnetenhausfraktion Ende Januar solle dies „ergebnisoffen“ diskutiert werden. Aus Sicht Salehs wäre ein solcher Vertrag „die richtige Antwort“ auf aktuelle Diskussionen und Probleme. „Wir wollen klar machen, dass der Islam zu Deutschland dazu gehört.“ Er hoffe auf eine entsprechende Entscheidung seiner Fraktion. Saleh erhielt Rückendeckung durch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Man müsse darüber reden, aber „ich kann mir das im Grundsatz gut vorstellen“, sagte er am Dienstag, als er zu Gast beim Tagesspiegel war.
In Hamburg und Bremen gibt es allerdings schon seit 2013 Staatsverträge mit den großen islamischen Dachverbänden. In Hamburg ging die Initiative übrigens schon 2007 vom damaligen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) aus. Im sozialdemokratisch geführten Niedersachsen sind die Verhandlungen weit gediehen und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht einem „von den Muslimen gewünschten Staatsvertrag grundsätzlich offen entgegen“. Offizielle Gespräche darüber sollen im neuen Jahr beginnen.
Auf ähnliche Rechte wie Christen oder Juden dürfen Muslime nicht hoffen
In Berlin zählen die islamischen Gemeinden rund 250 000 Mitglieder, davon fast 100 000 mit deutschem Pass. Zum Vergleich: In der Hauptstadt leben 633 000 Protestanten und 330 000 Katholiken und die Jüdische Gemeinde hat etwa 11 000 Mitglieder. Mit diesen drei Religionsgemeinschaften hat das Land Berlin längst Staatsverträge abgeschlossen, und als Körperschaften des öffentlichen Rechts bekommen sie Geld aus dem Landeshaushalt. Darauf dürfen die islamischen Verbände in Berlin nicht hoffen, ebenso wenig auf die Befugnis zur Erhebung von Kirchen- oder Kultussteuern. Es dürfte eher so sein wie in Hamburg und Bremen, wo in den Staatsverträgen bereits geltende Rechte zusammengefasst und ergänzt werden.
Dabei geht es beispielsweise um die Festlegung islamischer Feiertage, den Bau von Moscheen, das Bestattungswesen oder das Recht der Muslime, auch in Krankenhäusern, Heimen und Haftanstalten Gottesdienste abhalten oder auf andere weise seelsorgerisch tätig werden zu können. Auch die Einhaltung religiöser Speisevorschriften in öffentlichen Einrichtungen könnte Gegenstand des Staatsvertrags sein, ebenso wie das Bekenntnis zum religiös neutralen Schulwesen, zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zur Werteordnung des Grundgesetzes. Die SPD-Fraktion hat auf ihrer Klausur in Leipzig die Integrations- und Flüchtlingspolitik als Thema. Zur Integration gehöre, alle Religionen und Glaubensrichtungen gleichberechtigt zu behandeln, sagte Saleh.