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Das Strandbad Plötzensee in Berlin-Wedding - doch auch gegenüber gehen vieler Leute illegaler Weise ins Wasser
© dpa

Plötzensee-Bademeister wehrt sich gegen Vorwürfe: Probleme mit illegalen Badestellen und Alkohol

In Berlin und Brandenburg starben in der letzten Woche sechs Badende, im Fall vom Plötzensee gibt es schwere Vorwürfe gegen den Bademeister. Der verweist auf die schon länger bestehende Problematik mit betrunkenen Schwimmern an illegalen Badestellen.

Ein 38-Jähriger in der Müggelspree in Köpenick, ein 23-Jähriger im Schwimmbecken des Badeschiffs in Treptow, ein 35-Jähriger im Plötzensee in Wedding – innerhalb weniger Tage verloren drei Menschen in Berlin bei Badeunfällen ihr Leben, drei weitere starben in Brandenburg beim Schwimmen. Andere verletzten sich schwer oder kamen mit dem Schrecken davon – wie die beiden Kinder im Alter von drei und acht Jahren, die am Sonnabend im Tegeler See von einer Luftmatratze rutschten. Ein Rettungsschwimmer bewahrte sie vor dem Ertrinken.

Von einer überproportionalen Häufung der Badeunfälle will der Berliner Sprecher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Frank Villmow, zwar noch nicht sprechen, wohl aber warnt er vor Leichtsinn. „Wenn es heiß ist, gehen natürlich auch mehr Menschen baden“, sagte er dem Tagesspiegel. „Aber die hohen Temperaturen sollten nicht zu Leichtsinn verleiten.“

Vor allem Männer überschätzten sich oft, warnt die DLRG, und erlitten dann Herzversagen, Kreislaufzusammenbrüche oder Schwächeanfälle. Eine zweite Ursache sei übermäßiger Alkoholkonsum. Der könnte nach Zeugenaussagen auch bei dem tödlichen Unfall am Plötzensee am vergangenen Sonnabend eine Rolle gespielt haben. Wie berichtet, war dort ein 35-jähriger Mann ums Leben gekommen. Inzwischen gibt es auch schwere Vorwürfe an den Bademeister des Strandbads Plötzensee. Er soll nicht auf Informationen, wonach auf der gegenüberliegenden Seite jemand ertrinke, reagiert haben, werden Zeugen in verschiedenen Medien zitiert.

Bislang keine Ermittlungen gegen den Badesmeister

Der beschuldigte Bademeister Mike Z. ist sich keiner Schuld bewusst – gibt aber zu, dass er nicht sofort zu Hilfe eilte. Ein Mann, der offenbar vom anderen Ufer herübergeschwommen war, habe ihm mitgeteilt, dass dort jemand ertrunken sei. „Vielleicht sagte er auch, dort ertrinke jemand – das weiß ich nicht mehr so genau“, sagte Mike Z. am Donnerstag dem Tagesspiegel. Klar ist, dass Z. es für nötig hielt, zunächst das Bademeisterhäuschen abzuschließen. „Das hat höchstens 30 Sekunden gedauert“, sagt er. Erst danach machte er sich in Richtung Wasser auf. Als ihm dann ein weiterer Badegast, der offenbar ebenfalls vom anderen Ufer herangeschwommen war, sagte, dass der Verunglückte bereits reanimiert werde, habe er die Feuerwehr gerufen. „Mehr kann ich nicht machen“, sagte der Bademeister.

Er fühle sich auch für die Teile des Sees zuständig, die eigentlich nicht zu seinem Bad gehörten. „Meine Kollegen und ich müssen dort quasi jeden zweiten Tag eingreifen, obwohl Baden gar nicht erlaubt ist. In den vergangenen Jahren haben wir dort fünf bis zehn Menschen wiederbelebt“, sagte Mike Z.

Polizei und Staatsanwaltschaft sehen bislang zwar keinen Grund, gegen den Bademeister zu ermitteln, nehmen die erhobenen Vorwürfe aber durchaus ernst. „Zwar gibt es keine Anzeige gegen den Bademeister“, sagt eine Polizeisprecherin, „aber im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Todesursache des Opfers werden wir natürlich Zeugen auch dazu befragen.“ Zunächst müsse man aber den Obduktionsbericht abwarten, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. „Aussagen, die eventuell auf unterlassene Hilfeleistung hinweisen, gehen wir natürlich nach“, sagte ein Sprecher.

Probleme mit illegalen Badestellen

An der Stelle, an der der 35-Jährige vermutlich ins Wasser fiel oder sprang, befindet sich eigentlich ein Zaun, der Badewillige abhalten soll – doch ohne jeden Erfolg.„Ständig springen dort Leute von Bäumen ins Wasser“, sagt eine Frau, die häufiger ins Strandbad Plötzensee kommt. Auch Mike Z. spricht von leichtsinnigen Badegästen vom anderen Ufer, die sich auch mit Seilen ins Wasser schwingen würden. Viele würden sich außerdem dort betrinken und laut „herumkrakeelen“ – so auch am Morgen des vergangenen Sonnabends. Zum Zeitpunkt des Unfalls seien schon zwischen 500 und 700 Gäste im Freibad gewesen. Auf diese habe er geachtet und nicht mehr auf die andere Seeseite, an der seit „sieben Uhr morgens schon gegrölt wurde“.

Sein Chef Rudolf Singer, der gemeinsam mit Erik Müller das Strandbad betreibt, nimmt seinen Bademeister in Schutz. „Mike Z. ist außerordentlich zuverlässig und hat schon einigen Menschen das Leben gerettet“, sagte er dem Tagesspiegel. Wirklich ärgerlich sei die Tatsache, dass sowohl Z. als auch er und sein Partner Erik Müller das zuständige Bezirksamt in Mitte schon mehrfach darauf hingewiesen hätten, dass am anderen Ufer das Chaos regiere.

„Ich selbst habe schon oft angerufen und gesagt, dass der Zaun zerstört ist, dass die Menschen alkoholisiert von den vier und fünf Meter hohen Bäumen springen“, sagt Singer: „Aber es ist überhaupt nichts passiert.“ Vom zuständigen Bezirksamt in Mitte war am Donnerstag keine Stellungnahme zu erhalten, das Problem der illegalen Badestellen betrifft laut Feuerwehr aber nicht nur den Plötzensee. Die illegalen müssen ebenso wenig beaufsichtigt werden wie frei zugängliche Badestellen. Wer dort schwimmt, tut dies auf eigene Gefahr.

Was die Qualifikation der Rettungsschwimmer anbelangt, so gelten einheitliche Standards in Berlin. In jedem Bad muss demnach mindestens ein Rettungsschwimmer mit dem Abzeichen Silber präsent sein. Pächter berichten aber, dies würde nicht kontrolliert. Die konkrete Besetzung mit Rettungskräften liegt im Ermessen des Betreibers.

Sandra Dassler, Tassilo Hummel

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