Hohenzollern verhandeln mit dem Staat: Preußischer Poker geht in die nächste Runde
Die Forderungen nach Kunstwerken und Schlosswohnrecht haben Empörung ausgelöst. Am Mittwoch treffen sich Vertreter der öffentlichen Hand und der Hohenzollern.
Showdown im Kolhoff–Tower am Potsdamer Platz: Die öffentliche Hand und das Haus von Hohenzollern, das von Georg Friedrich Prinz von Preußen geführt wird, nehmen am Mittwoch in Berlin noch einmal Anlauf, um im Eigentums-Streit um tausende Kunstwerke aus Schlossmuseen der Hauptstadtregion einen Kompromiss auszuloten.
Zu dem „Chefgespräch“, an dem auch Vertreter der Länder Berlin und Brandenburg, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Historische Museums teilnehmen, hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien geladen. Der Ur-Ur-Enkel des letzten deutschen Kaisers will dem Vernehmen nach nicht selbst erscheinen, sondern wird wohl von Anwälten vertreten.
Das Haus von Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist Verhandlungsführer der öffentlichen Hand, die seit 2014 mit dem Haus Hohenzollern Geheimverhandlungen über dessen Rückgabeansprüche auf Kunstwerke aus Museen führt, was der Tagesspiegel vor zwei Wochen publik gemacht hatte.
Die Fronten sind verhärtet. Einen als maßlos und überzogen bewerteten Vertragsentwurf der Hohenzollern, in dem diese Tausende wertvolle Kunstwerke, aber auch ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof fordern, lehnt die öffentliche Hand kategorisch ab. Diese Linie wurde am Dienstag noch intern festgezurrt. So fordert das Haus Hohenzollern allein von der Schlösserstiftung 116 wertvolle Gemälde, darunter etwa von Lukas Cranach (Joachim I. Nestor, Kurfürst), von Adolph von Menzel (Krönung Wilhelm I.) oder von Antoine Pesne (Stiftung des Scharzen Adler Ordens).
Haus Hohenzollern klagt gegen einen Brandenburger Bescheid
Unmittelbar vor der Sitzung hat sich der Streit noch einmal zugespitzt. Auslöser ist Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke), der das Haus Hohenzollern parallel aufgefordert hat, im vereinbarten Chefgespräch am heutigen Mittwoch auch die Rücknahme aller Rückübertragungs-, Ausgleichsleistungs- und Entschädigungsanträge zu erklären. „Selbstverständlich umfasst diese Rücknahme auch das beim Verwaltungsgericht Potsdam anhängige Klageverfahren Ihres Mandanten“, heißt es in dem Görke-Brief vom 16. Juli, den „Spiegel Online“ zuerst publik machte.
Das Haus Hohenzollern klagt gegen einen Brandenburger Bescheid, in dem eine Entschädigung von mindestens 1,2 Millionen Euro für enteignete Schlösser wie Cecilienhof oder Schloss Rheinsberg abgelehnt wird, begründet mit NS-Verstrickungen von Kronprinz Wilhelm. Der Bescheid stützte sich auf ein Gutachten des Historikers Stephan Malinowski (Universität Edinburgh).
Dessen Fazit lautete: „Wilhelm Kronprinz von Preußen hat durch sein in großer Stetigkeit erfolgtes Handeln die Bedingungen für die Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes verbessert.“ Und: „Sein Gesamtverhalten hat der Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes erheblich Vorschub geleistet.“ Nach Rechtslage sind nur in solch einem Fall Entschädigungen ausgeschlossen.
Woidke für gütliche Einigung
Ein Gegen-Gutachten des Historikers und Bestsellerautors Christopher Clark im Auftrag der Hohenzollern kam zu einer milderen Bewertung der Rolle der Dynastie in der NS-Diktatur. Das Verfahren am Potsdamer Verwaltungsgericht liegt seit einigen Jahren auf Eis, worauf sich beide Seiten wegen der parallel laufenden Vergleichsverhandlungen zu den Kunstwerken verständigt hatten. Doch nun will das Finanzministerium, wenn die Hohenzollern in den nächsten 14 Tagen nicht die Rücknahme erklären, eine Wiederaufnahme beantragen.
Das Haus Hohenzollern äußerte sich am Dienstag zurückhaltend zum Görke-Brief und der Verhandlungslinie. Das Schreiben verfolge in der Sache „keine inhaltlichen Konsequenzen“, die darin auch gar nicht erst benannt worden seien, erklärte Anwalt Markus Hennig, der die Hohenzollern vertritt. „Zudem werden die Gespräche gerade zu dem Zweck geführt, die gerichtlichen Verfahren entbehrlich zu machen.“
Hennig verwies auf Aussagen von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Der hatte ein Schloss-Wohnrecht der Hohenzollern strikt abgelehnt, sich aber für eine gütliche Einigung ausgesprochen. „Die noch erst durchzuführenden Verhandlungen zu Details werden ergeben, ob eine gerichtliche Klärung wirklich notwendig ist“, sagt Hennig. Das sei eine Frage, „die aus heutiger Sicht noch nicht beantwortet werden kann.“ In ihrem Vertragsentwurf, dessen Forderungen allerdings im Wert das Zigfache ausmachen, waren die Hohenzollern zur Rücknahme der Klage bereit. Der Poker geht in die nächste Runde.