Denkmalschutz: Potsdam hat kein Herz für die Herzköpfe
Der Künstler Kiddy Citny hat am Griebnitzsee ein Stück Mauer mit seinen Herzköpfen verziert - gefragt hat er nicht. Potsdam ließ das Werk wieder überstreichen, doch damit sind nicht alle einverstanden.
Es sollte ein Geschenk an Potsdam sein, das allerdings nicht erfreut war über die Gabe des Berliner Mauerkünstlers Kiddy Citny. Dieser hatte die Rückseite der Mauergedenkstätte Griebnitzsee im vorigen September mit seinen „Herzköpfen“ bemalt. Ungefragt. Der 55-Jährige ist kein Unbekannter, er machte sich mit der Bemalung der Berliner Mauer Mitte der 1980er Jahre mit kronentragenden Herzköpfen einen Namen. Nach dem Mauerfall 1989 wurden die von ihm bemalten Mauersegmente teuer gehandelt. Ein Werk gelangte ins New Yorker Museum of Modern Art.
Doch die Babelsberger Herzköpfe sind Geschichte: Das städtische Denkmalschutzamt ließ das Gemälde auf dem Mauerstück mit weißer Farbe überstreichen. „Der Ursprungszustand wurde wiederhergestellt“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Die sechs noch existenten Teile der Berliner Mauer nahe der Stubenrauchstraße stehen seit 2009 unter Schutz. „Denkmale sind in ihrem Zustand zu belassen“, sagte Brunzlow. Niemand dürfe sie ungenehmigt bemalen, das gelte für Schmierereien wie für Kunstwerke. „Wir unterscheiden da nicht“, so der Sprecher. Es gebe ohnehin keine feste Definition für Kunst.
Das Denkmal solle authentisch die Vergangenheit widerspiegeln. An dieser Stelle der Mauer habe es keine Bemalung auf westlicher Seite gegeben, da sie in Potsdam auch von Berliner Seite aus nicht zugänglich gewesen sei.
Kiddy Citny reagierte empört: „Ich bin schockiert über die kunstzerstörerische Handlungsweise der Stadt.“ Er sei nicht informiert worden. Zwei rote Köpfe hatte er gemalt, die die Aufschriften „Freies Ufer“ (in Anspielung an Uferstreit) und „Freedom“ trugen.
In Potsdam führte die Übermalung zu unterschiedlichen Reaktionen: Manfred Kruczek vom Forum-Verein zur kritischen Aufarbeitung der DDR-Geschichte verurteilte die Aktion scharf. „Die Entscheidung den Denkmalpflegern zu überlassen, die die Denkmalwürdigkeit der Mauerreste über Jahre in Abrede stellten, ist stillos“, sagte der ehemalige DDR-Bürgerrechtler, der sich jahrelang für einen Denkmalstatus der Mauerreste eingesetzt hatte: Auch der Verein „Griebnitzsee für alle e.V.“ kritisierte die Übermalung. „Zur Berliner Seite ist die halloweenweiße Mauer nichts als Geschichtsklitterung.“ Vereinsmitglied Christiane Raffauf erklärte: „Das war eine überraschende Hast. Die Stadt hat mitten in der Diskussion reagiert, ohne dass sie denkmalpflegerisch gehandelt hat.“
Der Bürgerrechtler und Künstler Bob Bahra hatte dagegen stets die Wiederherstellung des Ursprungszustandes gefordert. Die Mauer, die zwischen 1961 und 1989 Deutschland teilte, sei „nicht bunt, sondern weiß und für die Ostdeutschen tödlich“ gewesen. Allen Seiten sei nun geholfen: Citny habe „die Aufmerksamkeit, die er wollte“ und die lange Jahre ein Schattendasein führende Gedenkstätte stehe nun auch im Fokus.
Jana Haase, Guido Berg