Nach SUV-Unfall in Berlin-Mitte: Polizisten sichern Unfallort an der Invalidenstraße
Seit dem Unfall ist eine Fußgängerampel in der Invalidenstraße kaputt. Polizei hat Hinweise auf einen epileptischen Anfall des Fahrers.
Am Montagmorgen legen Passanten frische Schnittblumen am Unfallort nieder. Die Straße ist nass vom Regen, die Fußgänger-Ampel noch kaputt. „Die Ampel sind heute wir“, sagt einer der zwei Polizisten in Neongelben Jacken zu einem Jungen mit Schulrucksack.
Ab 6.30 Uhr bis 8.00 Uhr sorgten zwei Polizisten an der Kreuzung Invalidenstraße/Ackerstraße für einen sicheren Überweg, um diese Zeit sind besonders viele Schulkinder in der Gegend unterwegs. In den eineinhalb Stunden querten insgesamt 120 Fußgänger und Fahrradfahrer, auch am Nachmittag wollten die Polizisten nach Tagesspiegel-Informationen wieder vor Ort sein.
Nachdem die Polizisten abgezogen waren, floss der Verkehr ohne Ampeln weiter, Fußgänger, Roller, Radfahrer, Autos und die Straßenbahn konkurrierten dann wieder um den Platz auf der Straße. Es ergaben sich diverse gefährliche Verkehrssituationen, wie ein Video vom Unfallort am Montagmorgen zeigte.
Ein schwerer Sportgeländewagen (SUV) war am Freitagabend von der Straße abgekommen und hatte vier Fußgänger an einer Ampel tödlich verletzt, darunter einen dreijährigen Jungen.
Nach Anwohnerangaben überholte der SUV den stehenden Verkehr an der Ampel sehr schnell auf der Gegenfahrbahn und geriet auf den Gehweg. Das Auto knickte einen Ampelmast und mehrere Poller um, durchbrach einen Bauzaun und kam erst auf einem Baugrundstück zum Stehen. Vier Menschen starben.
Am Wochenende war der Verkehr ohne funktionierende Ampelanlage geflossen. Wer für eine Sicherung des Unfallortes zuständig ist, war zunächst nicht klar. Mehrere Anwohner hatten sich deshalb beim Bezirksamt und der Polizei über die gefährliche Situation beschwert, wurden aber jeweils an andere Stellen verwiesen.
Wann wird die Ampel repariert?
Auch am Montagmorgen war ungewiss, wann die Fußgängerampel wieder funktionieren würde. Nachdem der Polizei zunächst kein Antrag vorlag, den Verkehr zu regeln, bis die Ampel wieder in Stand gesetzt ist, bestätigte die Verkehrsverwaltung auf Nachfrage des Tagesspiegel am Montagvormittag, man werde die Polizei um eine entsprechende Regelung bitten.
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Seit dem Mittag regelt die Polizei den Verkehr an der Unfallstelle wieder. Die Beamten werden laut einer Polizeisprecherin bis Einbruch der Dunkelheit vor Ort bleiben. Am Dienstag werde die Polizei ab 7 Uhr wieder vor Ort sein. Laut Senatsverkehrsverwaltung wurde die Bedarfsampel aber dann doch schon am frühen Montagabend installiert.
Nach dem schweren Autounfall ermittelt die Polizei wegen fahrlässiger Tötung. Dies sei in solchen Fällen üblich, sagte eine Polizeisprecherin. Aufgrund der vielen sich teils widersprechenden Zeugenhinweise ermittle man bereits seit Freitagabend wegen des Vorwurfes. „Wir haben – Stand jetzt – keinen neuen Sachstand“, sagte die Sprecherin am Montag.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Nach Informationen vom Wochenende zog die Polizei unter anderem einen medizinischen Notfall beim Fahrer als Unfallursache in Betracht. Am Montag verdichteten sich Hinweise, der Fahrer habe einen epileptischen Anfall gehabt. Die Beifahrerin, seine Mutter, sagte aus, er habe vor der Fahrt Epilepsie-Medikamente genommen. Der 42-Jährige liegt derzeit noch schwer verletzt im Krankenhaus.
Die Polizei wollte sich am Montag nicht dazu äußern, ob der 42-Jährige bereits vernehmungsfähig sei. Seit Freitag liegt der Polizei auch ein Video des Unfalls vor, das zur Zeit ausgewertet wird. Ein Vorsatz wurde zunächst ausgeschlossen.
Der Unfall löste eine Diskussion über SUV in Innenstädten aus. Am Samstagabend kamen rund 500 Menschen zu einer Mahnwache an die Kreuzung Invalidenstraße/Ackerstraße. Zur Ursachenforschung wollte die Polizei den Unfall gegebenenfalls in einem 3D-Modell nachstellen. (mit dpa)
Helena Piontek, Julius Betschka