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Blumen und Kerzen haben Menschen an der Stelle des Verkehrsunfalls abgelegt.
© Paul Zinken/dpa

SUV-Unfall in Berlin-Mitte: Porschefahrer raste an stehendem Verkehr vorbei

Die Frage nach dem Warum beschäftigt auch zwei Tage nach dem folgenschweren Unfall an der Invalidenstraße. Ein Video zeigt die Sekunden vor dem Crash.

Es sind die letzten Sekunden bevor der dunkle Porsche in die Menschengruppe an der Ecke Invalidenstraße und Ackerstraße rast. Gefilmt von der Autokamera eines Taxifahrers zeigt der kurze Film zunächst stehende Autos im Feierabendverkehr, Freitagabend um kurz nach 19 Uhr. Dann plötzlich schießt mit hoher Geschwindigkeit und röhrendem Motor links an den wartenden Autos der Porsche-SUV vorbei, dann wird das Bild schwarz.

Bruchteile danach rast der 42 Jahre alte Fahrer des Wagens in die Menschengruppe auf dem Gehweg, tötet vier Menschen und verletzt fünf weitere teilweise schwer. Der TV-Sender RTL hatte das Video - ohne den Moment des Aufpralls - am Sonnabend veröffentlicht und das Material in ganzer Länge auch an die Berliner Polizei weitergegeben, die derzeit noch den genauen Hergang des Unfalls ermittelt.

Viele hatten den folgenschweren Unfall am Freitagabend in dem belebten Kiez miterlebt, doch die Berichte über den genauen Ablauf des Unfalls variieren stark. Nach bisherigen Erkenntnissen stand der Unfallwagen noch kurz zuvor etwa 90 Meter vom Unfallort entfernt vor dem Schaufenster eines Feinkostgeschäfts.

Von dort fuhr der 42 Jahre alte Fahrer dann mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit links an den auf der Invalidenstraße wartenden Autos vorbei, die Fußgängerampel an der Kreuzung Invalidenstraße und Ackerstaße hatte zuvor Rot gezeigt.

Versuchte der Fahrer zu bremsen?

Unklar ist, warum der Fahrer an der Autoschlange vorbeifuhr und dann auf den Gehweg zusteuerte. Zeugen gaben im Gespräch mit dem Tagesspiegel an, der Porschefahrer habe auf der Kreuzung versucht, einem Auto oder Fußgänger auszuweichen.

Das Video stützt diese Wahrnehmung nicht, vielmehr ist zu sehen, wie der Wagen schon beim Passieren der Autos vor der Ampel nach links zieht und direkt auf die Ecke des Bürgersteigs zufährt. Zu diesem Zeitpunkt leuchten allerdings die Bremslichter des Wagens kurz auf. Bremsspuren waren am Tag nach dem Unglück auf dem Asphalt der Kreuzung nicht zu sehen. Allerdings ist das bei modernen Antiblockiersystemen ohnehin nur noch selten der Fall.

Der Porsche prallt am Freitagabend gegen den Ampelpfosten des Fußgängerüberwegs und mehrere Metallpfosten und rast in die dort stehende Menschengruppe. Erst als der Wagen noch den Bauzaun einer angrenzenden Grünfläche durchbrochen hatte, kam er mit der vorderen Stoßstange zur Straße zum Stehen.

Blumen und Kerzen an der Stelle, an der am Freitagabend vier Menschen bei einem Verkehrsunfall gestorben waren.
Blumen und Kerzen an der Stelle, an der am Freitagabend vier Menschen bei einem Verkehrsunfall gestorben waren.
© Paul Zinken/dpa

Viele Fragen sind noch offen am Wochenende nach dem Unfall. Weiterhin unklar ist auch, warum der Fahrer der Porsche-SUV überhaupt so schnell fuhr. Die Polizei teilte am Sonnabend mit, sie prüfe, ob ein medizinischer Notfall der Grund sein könne, wie etwa ein Herzinfarkt. Gegenüber Polizisten soll die Beifahrerin, bei der es sich um die Mutter des 42-Jährigen handeln soll, angegeben haben, ihr Sohn habe einen Krampf im Bein gehabt und daher das Gaspedal durchgedrückt.

Die Kreuzung soll schon lange gefährlich gewesen sein

Anwohner und Passanten berichteten am Tag nach dem Unfall, dieser Abschnitt der Invalidenstraße und die Einmündung der Ackerstraße sei schon lange selbst bei normalem Verkehr sehr gefährlich gewesen. Zu viele Verkehrsteilnehmer würden hier miteinander konkurrieren - auch die Straßenbahn fährt hier in der Mitte der Straße. Tempo 50 sei selbst wenn man sich an alle Verkehrsregeln halte zu schnell für diesen Bereich.

Nach dem Unfall gibt es außerdem keine Verkehrsampel mehr an der Kreuzung. Die Polizei bestätigte am Sonntag, ihnen liege kein Antrag des zuständigen Ordnungsamts vor, den Verkehr ab Montag durch Polizeibeamte zu regeln, der zuständige Polizeiabschnitt werde aber Maßnahmen zur Sicherung des Schulweges ergreifen, teilte ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage mit. Die kaputte Ampel wieder in Stand setzen zu lassen, sei in Auftrag gegeben worden, bis dahin könnten Fußgänger aber außerdem zwei weitere Übergänge in Sichtweit nutzen, um die Straße sicher zu überqueren.

Helena Piontek

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