Böllerverbot in Berlin an Silvester: Polizei will Feuerwerk notfalls beschlagnahmen
Rund 140 Beamte werden in der Silvesternacht das Böllerverbot durchsetzen. Erstmals gilt es auch am Alexanderplatz und in der Pallasstraße.
Zum ersten Mal sind Raketen und Böller in der Silvesternacht nicht nur auf der Partymeile am Brandenburger Tor verboten, sondern auch auf dem nördlichen Alexanderplatz und rund um die Pallasstraße in Berlin-Schöneberg. Jetzt hat die Polizei angekündigt, Feuerwerkskörper in den betroffenen Zonen notfalls „mit Zwang“ zu beschlagnahmen. Rund 140 Beamte sollen in den beiden Zonen kontrollieren, ob sich alle Feiernden an das Verbot halten.
Wie ein Sprecher der Polizei sagte, würden die Beamten in der Silvesternacht zwar keine Bußgelder oder andere Ordnungsmaßnahmen verhängen. „Wenn sich Personen weigern, ihre Böller herauszugeben, können die Polizisten das Verbot zur Not mit Zwang durchsetzen.“ Unabhängig davon seien Verfahren gegen Minderjährige, die trotz der geltenden Altersregelungen Böller bei sich tragen. Die Kontrollen sollen dafür sorgen, dass die Silvesternacht in den beiden betroffenen Zonen friedlich abläuft.
In den vergangenen Jahren waren auf dem Alexanderplatz und in Schöneberg immer wieder Rettungskräfte und Polizisten mit Raketen und Böllern beworfen worden. Die Koalition aus SPD, Linken und Grünen hatte die Verbotszonen an den „Gefahrenbrennpunkten“ daher schon im Januar angekündigt. Das Verbot gilt in der Zeit von 18 Uhr bis 6 Uhr unter anderem für Raketen, Batterien, Fontänen und Chinaböller. Erlaubt sind nur Wunderkerzen, Tischfeuerwerke und Knallerbsen.
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Um die Anwohner auf Verbot aufmerksam zu machen, verteilt die Polizei 1200 Flyer rund um den Alexanderplatz und 400 weitere in Schöneberg. Dort hatten Unbekannte zwei Wochen vor Silvester eine Kugelbombe entzündet und durch die Explosion vier Autos und Fenster eines Wohnhauses beschädigt.
Kritik an den vom rot-rot-grünen Senat eingerichteten Verbotszonen kam im Vorfeld vom ehemaligen Polizeiführer Berlins Michael Knape. Das Böllerverbot sei Spiegelfechterei und die Verbotszonen stoßen ins Leere, sagte er dem Tagesspiegel. Wer auf Krawall aus sei, würde schließlich einfach auf andere Kieze ausweichen. „Das Verbot ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Handlungsfreiheit anderer.“ Anwohner, die nur ihre Raketen steigen lassen wollen, könnten gegen die Verfügung vor das Verwaltungsgericht ziehen.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) wies die Kritik an den neu eingerichteten Verbotszonen jedoch zurück. Im RBB-Inforadio sagte er am Freitag, die Verbotszonen würden der Polizei die Möglichkeit geben, schon am frühen Silvesterabend vorbeugend aktiv zu werden, zu kontrollieren und gefährliche Böller aus dem Verkehr zu ziehen.
Man habe ansonsten nichts gegen Feiern. „Aber in dem Augenblick, in dem ganz bewusst auf Rettungskräfte oder auf Polizisten geschossen wird, oder ganz bewusst Feuerwerkskörper eingesetzt werden, um Menschen zu verletzen, müssen wir eingreifen.“ Und das werde die Polizei an diesen Orten, aber auch in den Nebenstraße in der Umgebung der Verbotszonen tun.
Ein Böllerverbot in ganz Berlin sei aus Sicht der Polizei nach den jetzigen Gesetzen nicht möglich und auch nicht durchsetzbar, fügte Geisel hinzu. Er forderte die Industrie auf, nicht immer größere Böller zu bauen und zu verkaufen.
Polizei unterstützt das Verbot
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt die zunehmende Anzahl von Böllerverbotszonen in deutschen Städten. Das hohe Verletzungsrisiko sowie die Brandgefahren seien Grund genug, teilte der Vize-Bundesvorsitzende der GdP, Jörg Radek, am Freitag mit. Unvorsichtiges Verhalten, Alkoholkonsum und Rücksichtslosigkeit machten manche Gegenden gefährlich. Zusätzlich fassungslos machten die Angriffe auf Polizei, Feuerwehren und Rettungskräfte.
Schon in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder aggressive Stimmung gegen Polizisten und Sanitäter gegeben. In Videos war zu sehen, wie Polizisten in Schöneberg einen Mann festnehmen und dabei beschimpft und mit Böllern beworfen werden. Rund um die Pallasstraße hatten sich bis zu 150 Menschen versammelt. Sie beschossen vorbeifahrende Autos und Passanten mit Feuerwerk. Die Polizei leitete Dutzende Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie des schweren Landfriedensbruchs ein.
Andere Filme zeigen ähnliche Szenen: An der Ecke Sonnenallee und Fuldastraße in Neukölln feuerten junge Männer Schreckschusspistolen mehrfach in Richtung eines vorbeifahrenden Polizeiautos ab. Auf dem Kottbusser Damm wurden Feuerwerkskörper zwischen Feuerwehrmänner geworfen, die gerade im Einsatz sind. Die Koalition aus SPD, Linken und Grünen hatte daraufhin bereits im Januar 2019 Verbotszonen an den „Gefahrenbrennpunkten“ angekündigt. (dpa)