Feuerwerk in der Hauptstadt: Berlin verhängt Böllerverbot in zwei neuen Zonen
Berlins Innensenator Andreas Geisel kündigt für den kommenden Jahreswechsel ein Böllerverbot an. Es gilt allerdings nur für zwei neue Brennpunkte.
In Berlin wird es zum kommenden Jahreswechsel drei Verbotszonen für Böller und Feuerwerke jeder Art geben, darunter zwei neue. Das kündigte Innensenator Andreas Geisel am Rande der SPD-Fraktionsklausur am Wochenende in Rostock an. Geisel sagte, die Maßnahme sei eine Reaktion auf die Vorkommnisse in den vergangenen Jahren. Ziel sei es, die Zahl der Übergriffe auf Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei zu verringern.
Im Laufe der jüngsten Silvesternacht waren laut Geisel 49 Attacken auf Feuerwehrleute und 40 Fälle von Widerstand und Angriffen auf Polizeibeamte registriert worden. 40 Beamte wurden verletzt. „Glücklicherweise musste niemand von ihnen stationär behandelt werden“, sagte der Innensenator.
Verbote in der Pallasstraße und am Hermannplatz
Konkret plant Geisel Verbotszonen im unmittelbar an die Pallasstraße in Schöneberg grenzenden Steinmetzkiez sowie am Hermannplatz in Neukölln. Dort soll das Abbrennen von Feuerwerkskörpern vom 31. Dezember ab 18 Uhr bis zum Neujahrsmorgen um 6 Uhr komplett verboten sein. Verstöße gegen das Verbot sollen als Ordnungswidrigkeit, Angriffe auf Menschen als Landfriedensbruch geahndet werden. Die bereits in den vergangenen Jahren zur Verbotszone rund um die Straße des 17. Juni und den Potsdamer Platz bleibt bestehen.
Darüber hinaus sollen rund um die zuletzt ebenfalls als Brennpunkte bekannt gewordenen Bereiche Alexanderplatz, Gropiusstadt, Südstern sowie die Kreuzung Eberswalder-/Schönhauser Straße zusätzliche Einsatzkräfte der Polizei stationiert werden.
Geisel begründete die Wahl der beiden zusätzlichen Verbotszonen mit regelrechten „Straßenschlachten“ mit Feuerwerk in diesen Bereichen und einer Häufung von Angriffen auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr. Der Innensenator gab zu, dass das bisherige Konzept der Prävention gescheitert sei.
Nachdem sich an der Pallasstraße bereits zum Jahreswechsel von 2017 auf 2018 rund 100 Menschen zu einer „Straßenschlacht“ getroffen hatten, setzte die Polizei vor der jüngsten Silvesternacht auf sogenannte Gefährderansprachen. „Die Polizei kennt ihre Pappenheimer vor Ort“, erklärte Geisel. In der Nacht darauf hatten sich dann aber sogar rund 150 Menschen verabredet und erneut gegenseitig mit Feuerwerk beschossen. „Die Präventionsmaßnahmen haben nicht geholfen“, bilanzierte Geisel.
Generelles Verbot "gibt Rechtslage nicht her"
Rechtliche Grundlage der Maßnahme ist das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz. Nach Paragraf 55 können „zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ Verordnungen erlassen werden – wie zum Beispiel das Verbot von Feuerwerkskörpern. Da es in den nun festgelegten Zonen vermehrt Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben hatte, spricht Geisel nun ein Böllerverbot aus. Er machte aber klar: „Feuerwerke insgesamt zu verbieten gibt die Rechtslage aktuell nicht her.“ Denkbar sei eine Beschränkung der Sprengkraft von Feuerwerkskörpern. Dafür müsse das Sprengstoffgesetz auf Bundesebene geändert werden, eine Bundesratsinitiative hält Geisel für „sinnvoll“. Verantwortlich dafür sei jedoch Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke).
Forderungen aus den Reihen der Grünen, den gesamten Bereich innerhalb des S-Bahnrings zur Böllerverbotszone zu erklären, erteilte Geisel eine Absage. „Wir müssen schließlich auch in der Lage sein, das Verbot durchzusetzen und dürfen uns nicht lächerlich machen“, sagte er mit Blick auf die zuletzt 1600 eingesetzten Polizeibeamten in der Silvesternacht. „Wir dürfen nicht das Augenmaß verlieren.“ Mehr als der Einsatz aller 16 zur Verfügung stehenden Einsatzhundertschaften sei schlicht nicht möglich. Mit Unterstützung aus anderen Bundesländern sei nicht zu rechnen. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt ein stadtweites Böllerverbot ab.
Vor der Silvesternacht 2018/19 hatte GdP-Landeschef Norbert Cioma erklärt: „Ein stadtweites Böllerverbot macht keinen Sinn, weil wir die notwendigen Kontrollen gar nicht leisten könnten.“ Punktuelle Verbote hätten sich hingegen bewährt. Rechtlich ist es durchaus möglich, über einzelne, dicht besiedelte Gebiete ein Böllerverbot zu verhängen.
Stroedter: Berlin soll anderen europäischen Großstädten folgen
SPD-Fraktionschef Raed Saleh begrüßte Geisels Vorstoß. Dieser sei mit der Fraktion des Abgeordnetenhauses abgestimmt. „Gefährliche Böllerei an Brennpunkten, an die sich Feuerwehr und Polizei nicht mehr hintrauen, geht gar nicht. Der Antrag schützt an drei Orten die Anwohner. Der Vorschlag ist klug und mit Augenmaß.“ Jörg Stroedter, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, sagte: „Das ist jetzt mal ein konkreter Aufschlag um mal anzufangen mit dem Thema. Ich möchte nicht mehr, dass Silvester in der Form abläuft, wie wir das in der Vergangenheit hatten.“
Stroedter sprach sich dafür aus, langfristig den Weg anderen europäischer Großstädte wie Wien oder Paris zu gehen, in denen privates Feuerwerk grundsätzlich verboten und anstelle dessen organisierte Feuerwerke durchgeführt werden. „Das ist ein Prozess, den schieben wir jetzt an“, sagte Stroedter.
Am Sonntag fasste die SPD-Fraktion einen Beschluss, der Geisels Pläne unterstützt. Am Donnerstag soll das Thema im Plenum des Abgeordnetenhauses behandelt werden.
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