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Tausende Geflüchtete kommen derzeit täglich am Berliner Hauptbahnhof an.
© picture alliance/dpa
Update

Verdacht des Menschenhandels in Berlin: Polizei warnt vor gefährlichen Angeboten an Ukrainerinnen – Senat stärkt Kinderschutz

Meldungen über zwielichtige Unterbringungsangebote mehren sich. Zumeist kommen sie von älteren Männern. Eine „Welcome Hall“ soll die Bettenbörse sicherer machen.

Wegen möglicherweise krimineller Unterkunftsangebote für ankommende ukrainische Frauen am Hauptbahnhof will der Senat die Verteilung von Schlafplätzen neu organisieren. Dazu solle die private Bettenbörse jetzt in die neue „Welcome Hall“ am Washingtonplatz integriert und „in neuer und vor allem sichererer Struktur“ aufgestellt werden, sagte Stefan Strauß, Sprecher der Senatsintegrationsverwaltung dem Tagesspiegel.

Zuvor hatten sich die Fälle zwielichtiger Unterbringungsangebote am Hauptbahnhof gemehrt. Dabei ist zu befürchten, dass die angesprochenen Frauen sexuell missbraucht oder zur Prostitution gezwungen werden könnten.

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„Aktuell liegen uns Erkenntnisse vor, dass vor allem Männer dubiose Unterkunftsangebote an Frauen aus der Ukraine abgeben“, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei dem Tagesspiegel. Derzeit liege die Zahl der polizeilich bekannt gewordenen Fälle „im unteren zweistelligen Bereich“. Es sei jedoch von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen.

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Vor allem ältere Männer ab 50 Jahren würden demnach junge, alleinreisende Frauen oder Frauen mit Kindern ansprechen und ihnen eine Unterkunft anbieten. „In einigen Fällen auch gegen eine Geldleistung“, sagte die Sprecherin. Zu befürchten droht, dass die Frauen sexuell missbraucht oder zur Prostitution gezwungen werden könnten.

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Auch am Montag und Dienstag habe es wieder mehrere Fälle gegeben, bei denen Männer dubiose Angebote gemacht hätten. Die Bundespolizei hatte daraufhin auf Twitter mit Botschaften auf Deutsch, Russisch und Ukrainisch vor den möglicherweise kriminellen Ansprachen gewarnt: „Bitte wenden Sie sich umgehend an die Polizei, wenn Ihnen Geld für eine Unterkunft geboten wird oder Sie Personen beobachten, die dies tun.“

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Mit den am Hauptbahnhof tätigen Hilfsorganisationen sei man täglich in engen Gesprächen, sagte die Sprecherin. „Die meisten Feststellungen erreichen uns über Helferhinweise.“ Manchmal wendeten sich jedoch auch betroffene ukrainische Frauen an das Sicherheitspersonal. Am Montag entdeckte die Polizei dadurch drei Fälle. „Wir sprechen die Personen an und sagen ihnen, dass wir sie beobachten.“

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Anschließend erhielten die Personen Platzverweise für den Hauptbahnhof. Mehr kann die Polizei dagegen zunächst nicht unternehmen, da die Angebote an sich nicht strafbar sind, sagte die Sprecherin. Dass jedoch eine erhöhte Gefahr bestehe, zeigt ein Fall von Montag: Einer der untersuchten Männer, ein 55-Jähriger, der gezielt junge Frauen für eine Mitfahrgelegenheit nach Hamburg angesprochen habe, sei bereits polizeibekannt wegen sexuellen Missbrauchs.

Landesamt sucht Austausch mit freiwilligen Helfern

Wegen der Vorfälle sind der Senat und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) in Alarmbereitschaft. „Wir stehen zu diesem Thema im engen Austausch mit unseren Kooperationspartnern von Flüchtlingsrat Berlin und Moabit hilft“, sagte LAF-Sprecher Sascha Langenbach.

Die Ehrenamtlichen seien von Mitarbeitern des Landesamtes sensibilisiert worden, darauf zu achten, ob ein Angebot zur privaten Übernachtung sich im Gespräch als seltsam herausstelle. Dazu gehöre auch die Frage, ob und wie sich die Ansprache und Angebote dubioser Personen veränderten.

Um insbesondere unbegleitete Kinder und Jugendliche besser zu schützen, richtet die Senatsjugendverwaltung im Ankunftszelt am Hauptbahnhof ein mobiles Team für Kinderschutz und Jugendhilfe ein. Das mobile Team soll nahezu rund um die Uhr vor Ort und im Ankunftszelt teils mit Muttersprachlern Ansprechpartner für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sein und koordiniere deren Versorgung und Unterbringung.

Unlauteren Menschen, die die Situation der Geflüchteten ausnutzen wollen, halten wir auf diese Weise ein Stopp-Signal entgegen“, sagte Jugendsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD).

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