Veganer Imbiss in Neukölln: Zu viele Gäste: "Dandy Diner"-Eröffnung abgebrochen
Mehrere hundert Gäste sind Samstagabend zur Eröffnung des "Dandy Diners" in der Karl-Marx-Straße gekommen. Die Massen verstopften Bürgersteige und Mittelstreifen - die Polizei schritt ein.
Der Späti gegenüber macht an diesem Samstagabend den Umsatz seines Lebens. Die ganze Karl-Marx-Straße, Ecke Hermannplatz, ist voller Menschen, sie stehen auf den Gehwegen, dem Mittelstreifen, trinken sein kaltes Bier, quatschen. Hunderte sind gekommen, um die heißeste Neueröffnung der Saison mitzubekommen. Nein, nicht die des Spätis natürlich, der profitiert nur davon, dass gegenüber ins Dandy Diner wirklich niemand mehr hineinpasst. Veganes Fastfood in Neukölln, das allein klingt schon angemessen hipsterkonform, doch locken vor allem die Menschen, die sich die Sache mit dem Dandy Diner ausgedacht haben, dieses Publikum zielsicher an. Jakob Haupt und David Roth betreiben seit 2009 den Männermode-Blog „Dandy Diary“ – ihre Partys zur Fashion Week sind ebenso angesagt wie überfüllt. Insofern ist es eigentlich nicht überraschend, dass auch die Eröffnungsparty ihres ersten Imbisses direkt am Hermannplatz ähnlich große Anziehungskraft ausübt – schließlich haben die beiden selbsternannten Trendveganer nicht weniger vor als eine kulinarische Revolution. Und so ist die Anziehungskraft dann doch etwas zu groß: Gegen 21 Uhr herrscht auf der Straße bereits solches Gedränge, dass wenig später die Polizei kommt.
„Es war einfach zu voll“, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Etwa 300 Menschen hätten sich in dem Laden aufgehalten, weitere 500 sollen es davor gewesen sein. Man habe mit den Veranstaltern über die Situation auf der Straße gesprochen, diese hätten gegen 21.40 Uhr die Leute auf der Straße nach Hause geschickt. Anwohnerbeschwerden gab es aber offenbar nicht: „Es wurde keine Anzeige gestellt“, hieß es bei der Polizei.
Nach Darstellung der „Dandy Diner“-Betreiber wurde die Party keineswegs freiwillig abgebrochen. Gegen Mitternacht posteten sie auf ihrer Facebook-Seite: „Police closed us down“ (Die Polizei hat uns dichtgemacht), ergänzt um eine markige Beschimpfung. Die Veranstaltung war auf Facebook öffentlich beworben worden, mehr als 2500 Leute hatten ihr Kommen angesagt.
Am nächsten Morgen aber hatten sich alle wieder beruhigt. „Das war die krasseste Restauranteröffnung in Berlin überhaupt“, sagte David Roth, noch ziemlich müde, aber äußerst zufrieden. „Wahnsinn, dass so viele gekommen sind.“ Als die Polizei auftauchte, hätten sie die Musik ausgestellt und die Leute auf der Straße gebeten, nach Hause zu gehen. Später habe man „hinter verschlossenen Türen und im kleinen Kreis“ bis in die Morgenstunden weitergefeiert. „Heute räumen wir den Laden auf und am Montag starten wir dann mit dem Restaurantbetrieb“, sagte Roth.
Jakob Haupt und David Roth haben es mal wieder geschafft, dass man in der Stadt über sie spricht. Menschenaufläufe dieser Art sind bei Restaurantöffnungen selten vorgekommen. In Erinnerung geblieben sind solche Massen zuletzt eher bei Eröffnungen großer Einzelhandelsketten. Bei Primark am Alexanderplatz warteten vor zwei Jahren hunderte Menschen, sogar gut 5000 kamen 2009 zur Eröffnung der Saturn-Filiale gleich nebenan, zwecks Schnäppchenjagd um Mitternacht. Sie überrannten die Absperrungen, es gab Schlägereien und Verletzte. Als Ikea in Lichtenberg vor sechs Jahren eröffnete, campierten 200 Menschen davor in der Kälte. Vor dem Apple-Store am Ku’damm gehört das inzwischen fast zum Alltag: Immer wenn ein neues Gerät erscheint, sind die iFans da.
Beim Dandy Diner gab es am Sonnabend nicht einmal Sonderangebote, sondern nach Aussage von Augenzeugen nur Getränke aus Pappbechern mit dem süßen Schweinchenlogo und Häppchen aus der Pommes-Tüte. Von der kulinarischen Revolution mit veganem Essen ohne Öko-Note, ohne kippelige Holzstühle vom Flohmarkt und ohne „unsexy Weltverbesserungs-Touch“, den Roth und Haupt versprochen haben, war an diesem Abend noch nicht viel zu sehen. „Es ging mehr um das Event“, sagt ein Besucher aus Kreuzberg. „Die Leute, die draußen waren, wollten gar nicht unbedingt rein. Die hatten Spaß mit dem schönen kalten Bier vom Späti.“ Rumstehen, Bier trinken, Leute treffen, darum gehe es doch immer. „Berlin-Style eben.“
Auch das Innendesign vom „Studio Karhard“, bisher aufgefallen durch Gestaltung der Berghain-Toiletten, konnten viele nur von der anderen Straßenseite aus begutachten – immerhin sind die Fenster sehr groß. Fazit des Kreuzbergers: „Es könnte auch ein orthopädisches Fachgeschäft sein.“