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Das Landeskriminalamt ermittelt (Symbolfoto).
© Ole Spata dpa/lbn
Update

Rechte Anschlagsserie in Neukölln: Undichte Stelle im LKA?

Ein LKA-Beamter soll mit Verdächtigen in der rechten Anschlagsserie in Neukölln in Kontakt gestanden haben. Das Verfahren gegen ihn wurde jedoch eingestellt.

Gibt es eine undichte Stelle im LKA? Diesen Verdacht erhebt ein Bericht von RBB und "Kontraste". Demnach soll ein LKA-Beamter aus einer Abteilung, die auch für polizeiliche Observationsmaßnahmen zuständig ist, Kontakte zu den Verdächtigen in der rechten Anschlagserie in Neukölln unterhalten haben. Der Verdacht ließ sich jedoch offenbar trotz umfangreicher Ermittlungen nicht belegen.

Dem Bericht zufolge soll sich der mehrfach vorbestrafte Neonazi Sebastian T. im März 2018 mit dem LKA-Beamten W. und weiteren Neonazis in einer einschlägig bekannten Kneipe im Neuköllner Ortsteil Rudow getroffen haben. Dabei sei er von zwei Beamten einer Sicherheitsbehörde - nach Tagesspiegel-Informationen dem Berliner Verfassungsschutz - beobachtet worden, berichtet der RBB.

W. soll zudem die Kneipe gemeinsam mit T. verlassen haben - beide seien dann im Auto des LKA-Mannes weggefahren.

Dem Bericht zufolge soll zunächst polizeiintern ermittelt worden sein, schließlich habe die Staatsanwaltschaft den Fall geprüft. Diese habe dem RBB mitgeteilt, das Verfahren gegen den Beamten sei eingestellt worden und stehe "im Zusammenhang mit einem weiteren Ermittlungsverfahren, bei dem eine Auskunftserteilung einer Ermittlungsgefährdung entgegensteht".

Dem Tagesspiegel teilte die Polizei zu dem Fall des LKA-Beamten mit: "Die Informationen, die zu dem Verdacht geführt haben, konnten nicht verifiziert werden. Die langwierigen und umfassenden Ermittlungen konnten auch nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Berlin den Verdacht nicht erhärten, sodass das Verfahren in logischer Konsequenz eingestellt wird." Weitere Informationen könne die Polizei dazu nicht äußern, da es sich um ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft handle.

"Der Verdacht, dass ein Polizeibeamter involviert gewesen sein soll, hat sich nicht bestätigt, deshalb ist das Verfahren eingestellt worden", teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin mit. "Zu der Anschlagsserie in Neukölln laufen Ermittlungen. Dazu können wir uns aber nicht äußern."

Hat sich der Verfassungsschutz getäuscht?

Nach Tagesspiegel-Informationen hatte der Berliner Verfassungsschutz die Polizei im Frühjahr 2018 darüber informiert, dass in der Neuköllner Kneipe bei der Observation des Neonazis T. ein Treffen mit dem Beamten W. festgestellt worden sei. Im April 2018 hat die Polizei umfangreiche Ermittlungen eingeleitet, allerdings ließ sich der Verdacht nicht erhärten.

Selbst strafprozessuale Maßnahmen, die für einen Richterbeschluss nötig sind, sind offenbar gescheitert, weil die Beweise zu dünn waren. Offenbar konnte sich nicht belegen lassen, dass der Verfassungsschutz tatsächlich den Neonazi T. bei dem Treffen mit dem Beamten gesehen hat.

Nach bisherigen Erkenntnissen ist aus Sicht von Sicherheitskreisen sogar fraglich, ob der LKA-Beamte W., der damals in einem Observationsteam tätig war und nach wie vor ist, überhaupt mit Ermittlungsmaßnahmen gegen T. im Fall der Neuköllner Anschlagsserie betraut war. Der Beamte W. hatte offenbar auch nichts mit früheren Neonazi-Verdachtsfällen in der Berliner Polizei zu tun: So war er nicht V-Mann-Führer des Neonazis Thomas Starke, hatte auch nichts mit der SMS an Kollegen zu tun, die den Nazigruß "88" enthielt.

Möglicherweise hat sich der Berliner Verfassungsschutz also getäuscht: Nach Tagesspiegel-Informationen gehen die Behörden davon aus, dass es gar nicht der Neonazi Sebastian T. war, mit dem sich der Beamte im April 2018 in der Neuköllner Kneipe traf.

Sebastian T. ist einer der Verdächtigen bei rechter Anschlagsserie

Sebastian T. ist einer der Hauptverdächtigen, nachdem im Februar 2018 das Auto des Linken-Politikers Ferat Kocak brannte. Die "taz" und RBB hatten jüngst berichtet, dass sowohl der Verfassungsschutz als auch das Berliner Landeskriminalamt bereits im Vorfeld von den Anschlagsplänen auf Kocak gewusst haben. Tatsächlich war es in diesem Fall der Verfassungsschutz, der hatte die Tatverdächtigen - darunter T. - abgehört und auf dieser Weise von den Anschlagsplänen erfahren hatte.

Dennoch wurden keine Maßnahmen unternommen, um Kocak und dessen Familie zu schützen. Grund dafür war nach Tagesspiegel-Informationen aber ein Panne bei der Polizei: Die Ermittlungen, auf welches Auto die beiden Tatverdächtigen einen Anschlag verüben wollten und wem das im abgehörten Gespräche genannte Fahrzeug zugeordnet werden könnte, dauerten zu lange. Das potenzielle Opfer konnte anhand der Angaben nicht rechtzeitig ermittelt werden.

Als Konsequenz aus der Panne hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) Ende März ein „Gemeinsames Informations- und Bewertungszentrum Rechtsextremismus“ (GIBZ) ins Leben gerufen. Innerhalb des neuen Zentrums sollen sich der Berliner Verfassungsschutz und die Polizei Berlin regelmäßig und schnell über relevante Sachverhalte austauschen. „Wir brauchen ein konsequentes und koordiniertes Vorgehen gegen rechtsextremistische Straftäter“, sagte Geisel. „Die Serie von Brandanschlägen in Neukölln zeigt ganz deutlich, dass unsere Polizei und unser Verfassungsschutz noch enger zusammenarbeiten müssen, als sie es bisher schon tun.“

T. ist auch verdächtig, einer der Haupttäter in der Anschlagsserie zu sein, bei der seit 2010 Autos, Wohnungen und Geschäfte von Menschen angegriffen wurden, die sich gegen Rechts engagieren. Zuletzt waren Mitte März rechtsextremistische Morddrohungen an Hauswänden aufgetaucht, bedroht wurde unter anderem ein Mitarbeiter der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR).

Die Betroffenen der Anschlagserie vermuten schon seit einiger Zeit undichte Stellen bei den Untersuchungsbehörden. In einer Petition an das Abgeordnetenhaus fordern sie aktuell die Gründung eines Untersuchungsausschusses.

Opferberatung ReachOut erstattet Anzeige

Am Mittwoch meldete sich auch die Berliner Opferberatungsstelle ReachOut zu den Recherchen von RBB und "Kontraste" zu Wort. Eine Projektleiterin der Initiative habe demnach Strafanzeige gegen Mitarbeiter des Berliner Landeskriminalamtes erstattet. "Aus Sicht von ReachOut liegt der Verdacht nahe, dass der Mitarbeiter des LKA mindestens bei diesem und vermutlich bei weiteren Treffen geheim zu haltende Informationen weitergegeben hat, die der Beihilfe zu Straftaten dienten", heißt es in einer Stellungnahme.

"Diese Straftaten richten sich seit vielen Jahren gegen Personen und Projekte, die für ihr Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus bekannt sind. Insbesondere ist davon auszugehen, dass sich der Mitarbeiter und ggf. weitere Mitarbeiter des Berliner Landeskriminalamtes der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht haben." Der Verdacht liege nahe, so ReachOut, dass laufende Ermittlungen verhindert worden seien und mögliche Straftäter gewarnt wurden. Daher unterstütze man die Forderungen nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der Frage, was "seit Jahren innerhalb der Ermittlungsbehörden eine Aufklärung von rechten/rassistischen Anschlägen, Morddrohungen, Angriffen und dem Mord an Burak Bektaş verhindert".

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