Konflikte zwischen Kurden und Türken in Berlin: Trauer vor der ausgebrannten Moschee, Kurden-Demo am Brandenburger Tor
150 Menschen trafen sich am Montag vor der ausgebrannten Ankara-nahen Koca Sinan Moschee. Am Brandenburger Tor protestierten Kurden gegen türkische Militäreinsätze.
Vor der Koca Sinan Moschee in Reinickendorf, auf die drei Unbekannte in der Nacht zum Sonntag einen Brandanschlag verübten, haben sich am Montagnachmittag etwa 150 Menschen versammelt. "Wir müssen jetzt den Zusammenhalt pflegen", sagte Bilge Ismael, der zum Vorstand des Moscheevereins gehört. "Und Präsenz zeigen", ergänzte ein junges Gemeindemitglied neben ihm.
Vor dem ausgebrannten Gemeinschaftsraum der Moschee versammelten sich die Gläubigen gegen 16:30 Uhr im Nieselregen zu einem Gebet auf der Straße. In einem Kondolenzbuch hatten gegen 17 Uhr bereits dutzende Menschen ihr Beileid bekundet und viel Kraft für den Wiederaufbau gewünscht. "Das sind schlimme Bilder, die Entsetzen im meinem Herzen ausgelöst haben", sagte nach einem Rundgang durch das zerstörte Gebäude die SPD-Abgeordnete Bettina König, die in Reinickendorf ihren Wahlkreis hat.
Neben König gehörte auch Raed Saleh, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Abgeordnetenhaus, zu den Gästen der Veranstaltung. "Mir war es wichtig den Menschen mein Mitgefühl zu zeigen, deshalb bin ich spontan hierhin gekommen." Der Brand habe viele aufgewühlt, sagte Saleh. Die zerstörte Moschee sei für die Gemeindemitglieder ein ganz wichtiger Bezugspunkt in der Stadt gewesen.
Mutmaßungen zu den Tätern
Noch ist unklar, wer für den Anschlag auf die Moschee, die zum türkischen Moscheeverband Ditib gehört, verantwortlich ist. Am Sonntagabend mutmaßten jedoch viele Mitglieder des Moscheevereins, dass hinter den Anschlägen die PKK stecke. Saleh wollte sich an die Spekulationen nicht beteiligen, betonte aber zugleich, dass man Stellvertreterkriege in Berlin nicht zulassen dürfe.
Wie es für die Gemeinde weitergeht, sei bisher noch unklar, sagte Bilge Ismael. Am frühen Nachmittag habe ein Gutachter die zerstörten Räume inspiziert. Nun müsse man abwarten, welche Entschädigung die Gemeinde von der Versicherung erhalten werde. Für das Freitagsgebet möchte der Moscheeverein vorerst auf einen nahegelegenen Supermarktparkplatz ausweichen. Derzeit sei man in Gesprächen mit dem Besitzer und dem Bezirk. Am kommenden Freitag erwartet Ismael bis zu tausend Besucher.
Am Montagabend protestierten Berliner Kurden und linke Gruppierungen, darunter die Antifa, vor dem Brandenburger Tor gegen türkische Militäreinsätze im kurdischen Afrin. Die Stimmung war aufgeheizt, es blieb aber vorerst friedlich.
14 verletzte Polizisten bei Kurdendemo
Wegen des Vorrückens der türkischen Armee auf die kurdische Stadt Afrin hatte es am Wochenende deutschlandweit Proteste und Brandanschläge gegeben.
Bei einer kurdischen Demonstration in Kreuzberg wurden am Sonntag 14 Polizistinnen und Polizisten verletzt. Unter dem Motto „Schluss mit den Angriffen auf Afrin! Freiheit für Abdullah Öcalan“ hatten sich gegen 15 Uhr mehrere Hundert Menschen am Oranienplatz versammelt.
Bei der Demo kam es immer wieder zu Rangeleien und Wortgefechten zwischen Türken und Kurden. Nach einer Zwischenkundgebung mit Redebeiträgen an der Rudi-Dutschke-Straße lief der Aufzug durch die Charlottenstraße. Als dort aus einem Haus heraus eine türkische Nationalflagge geschwenkt wurde, eskalierte die Lage. Demonstranten warfen Steine und Flasche auf das Wohnhaus und auf die Einsatzkräfte.
Die Polizei nahm mehrere Gewalttäter fest. Als Protest gegen die Festnahmen setzten sich die Kurden auf die Straße. Erst gegen 18 Uhr erreichte die Demo den Endplatz am U-Bahnhof Stadtmitte. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurden die festgenommenen vier Frauen und sechs Männer entlassen. Gegen sie wird wegen schweren Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Die leicht verletzten Polizisten verblieben im Dienst.
Die Gewerkschaft der Polizei verurteilte die erneuten Attacken auf Polizisten. "Wir sind es langsam aber sicher leid, jede Woche aufs Neue darüber sprechen zu müssen, dass ein Rechtsstaat anscheinend kein Mittel gegen mindestens 7.046 attackierte Kolleginnen und Kollegen in nur einem Jahr findet", schrieb GdP-Sprecher Benjamin Jendro auf Twitter.
Gemäßigte Stimmen am Kottbusser Tor
Am Montag reagieren die Passanten rund ums Kottbusser Tor verhalten auf Fragen zu den Demos und Brandanschlägen. Nur Wenige wollen sich überhaupt zu den Vorfällen äußern. Die 22-jährige Münevver sagt, sie sei zwar Kurdin, "aber gegen die PKK. Niemand würde wollen, dass so etwas wie der Brand in der Moschee von letzter Nacht passiert. Christen wollen ja auch nicht, dass ihre Kirchen abgebrannt werden. So ist das bei Moslems eben auch." Ein Türke, der seinen Namen lieber nicht nennen will, sagt: "Ich sehe den Konflikt zwischen Kurden und Türken nicht problematisch - immerhin leben Türken und Kurden seit 200 Jahren zusammen. Das Problem ist die PKK, nicht aber alle Kurden."