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Die Obdachlosenzeitung „Straßenfeger“ musste aufgrund fehlender Mittel im Juni aufgegeben werden.
© Paul Zinken/dpa

Obdachlosigkeit in Berlin: "Straßenfeger"-Verein plant neues Hilfsprojekt

Die Obdachlosen-Zeitung ist Geschichte, doch der Verein macht weiter: Er plant eine neue Familien-Notunterkunft. Doch dafür brauchen die Macher Geld.

Ein paar Tische und Stühle stehen noch vereinzelt herum, ansonsten aber herrscht gähnende Leere in der tristen Halle des ehemaligen „Kaffee Bankrott“. Der Treffpunkt für obdachlose und bedürftige Menschen an der Storkower Straße 139d wurde vor einem Monat vom zuständigen Verein Straßenfeger e.V geschlossen. Auch die Produktion der Zeitung „Straßenfeger“ wurde eingestellt. Jetzt möchte der Verein in den Räumen des ehemaligen Treffpunkts eine Notunterkunft für obdachlose Familien einrichten.

„Über 20 Prozent aller obdachlosen Menschen sind Familien, das ist doch Wahnsinn“, sagt Tanja Schmidt vom Verein. Sie ist stellvertretende Leiterin einer Notunterkunft, die der Verein im Haus direkt neben dem leer stehenden Gebäude des Kaffee Bankrott betreibt.

31 Schlafplätze stehen dort zur Verfügung, die Betten sind jede Nacht voll. Ein Zimmer steht für Familien zur Verfügung, doch die Anfragen dafür steigen kontinuierlich – laut Schmidt müssen deshalb jede Woche etwa vier Familien aus Platzmangel weggeschickt werden.

Kein Geld vom Senat

In Anwesenheit von Stefan Zierke, Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, wurde am Dienstagnachmittag über die Planung einer neuen Notunterkunft für obdachlose Familien diskutiert. Zierke zeigte sich beeindruckt vom Engagement des Vereins: „Man merkt, dass die Menschen hier mit Herzblut bei der Sache sind. Es ist toll, dass ein so kleiner Verein so große Mühen auf sich nimmt, um Menschen helfen zu können.“

Für den Umbau des Gebäudes hat der Verein eine halbe Million Euro bei der Deutschen Kassenlotterie Berlin (DKLB) beantragt. Die Einnahmen aus dem Glücksspiel verwendet die Gesellschaft seit jeher für gemeinnützige Zwecke. Die DKLB will bis zum 19. September über den Antrag entscheiden – laut Verein stehen die Chancen für eine Zusage aber gut.

Geld vom Senat gibt es für den Umbau nicht. „Dabei schrieb dieser in den Koalitionsvertrag, dass dieses Jahr noch 100 Schlafplätze für notbedürftige Familien erschaffen werden sollen“, sagte die Vereinsvorsitzende Mara Fischer. Auf den rund 900 Quadratmetern freier Fläche könnten laut Planung 35 Schlafplätze für Familien entstehen. „Selbst mit unseren zusätzlichen 35 Schlafplätzen würden aber noch einige fehlen", so Fischer.

Obdachlosigekit: „Das geht ganz schnell“

Laut Angaben des Vereins gibt es in Berlin 30.000 wohnungslose Menschen, die in ganztägigen Unterkünften untergebracht sind. Weitere 6000 bis 10.000 Menschen schlafen nachts auf der Straße, viele von ihnen mit Kindern. Die Ursache dafür sieht Tanja Schmidt in den steigenden Mieten auf dem Berliner Wohnungsmarkt. „Das geht ganz schnell: Die Familien können ein paar Monate die Miete nicht zahlen und schon wird fristlos gekündigt. Dann landen sie auf der Straße oder bei uns.“

Im Juni gab der Straßenfeger-Verein bekannt, seine Zeitung und das Kaffee Bankrott aufgrund fehlender personeller und finanzieller Mittel zu schließen. Laut der Vorsitzenden Mara Fischer ist eine Neuauflage der Zeitung unwahrscheinlich: „Der Straßenfeger kommt wohl nicht zurück. Wir konzentrieren uns zurzeit auf das Familienprojekt, denn bedürftigen Familien eine Unterkunft zu geben, finde ich extrem wichtig.“

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