Rechte Youtuber, AfD, Esoteriker: „Querdenker“-Protest gegen Bundes-Notbremse – ohne Maske, mit Gewalt
Während der Bundestag die Notbremse beschließt, protestieren Tausende im Berliner Regierungsviertel. Es kommt zu Konfrontationen mit der Polizei.
Rechte Youtuber, Verschwörungsgläubige, AfD-Politiker, Hare-Krishna-Anhänger:innen, Esoteriker:innen und bekannte Rechtsextreme – am Mittwoch versammelten sich erneut Gegner:innen der Corona-Maßnahmen im Regierungsviertel. Sie protestierten gegen die bundesweite Notbremsen-Regelung, die zeitgleich im Bundestag beschlossen wurde. Auch wegen turbulenter ähnlicher Proteste in der Vergangenheit war die Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft.
Die Einsatzkräfte zählten am Nachmittag rund 8000 Menschen, die an den verschiedenen Protesten rund um die Straße des 17. Juni teilnahmen. Vier Demonstrationen waren bereits im Vorfeld verboten worden. Die Versammlungsbehörde begründete ihre Entscheidung mit der erwarteten Zahl der Teilnehmenden, mit dem mobilisierten Personenspektrum und den angekündigten Verstößen gegen die Infektionsschutzmaßnahmen.
Eine Beschwerde wies das Verwaltungsgericht am Mittwochvormittag in einem Eilverfahren ab und bestätigte damit das Verbot. In seiner Entscheidung verwies das Gericht auf „unmittelbare Gefahren“ für das Leben und die Gesundheit anderer und Erfahrungen mit bisherigen Demonstrationen.
Die übrigen Kundgebungen wurden bereits am Mittag von der Polizei aufgelöst. Trotz mehrfacher Ansagen hielten sich die Teilnehmer:innen nicht an die Abstands- und Maskenpflicht. In ihren Durchsagen kündigte die Polizei immer wieder an, die Auflösung auch mit Zwangsmaßnahmen durchsetzen zu wollen. An mehreren Kreuzungen waren Wasserwerfer postiert, die allerdings bis zum Abend nicht zum Einsatz kamen. Zunächst verhielt sich die Polizei eher defensiv und deeskalierend.
[Lesen Sie hier den Verlauf der Corona-Demo noch einmal in unserem Live-Blog nach]
Nach der offiziellen Auflösung der Demonstrationen eskalierte die Lage zunehmend. Die Teilnehmenden weigerten sich, die Kundgebungen zu verlassen. Stattdessen versuchten sie, die Durchsagen der Polizei mit lautem Pfeifen und Rufen zu übertönen. Zwischenzeitlich bildete sich ein spontaner Protestzug im Tiergarten. Tausende schlossen sich an und liefen durch den Park in Richtung Potsdamer Platz. Angeführt und koordiniert wurde die Menge unter anderem durch einen Mann, der bereits bei der eskalierten Demo in Kassel im März Rädelsführer mehrerer illegaler Aufzüge war.
Kurz vor dem Holocaust-Mahnmal wurde der Zug gestoppt
Kurz vor dem Holocaustmahnmal gelang es Hundertschaften der Polizei, den Zug zu stoppen und auseinanderzutreiben. Dabei kam es zu mehreren Festnahmen, viele Demonstrierende wichen wieder in den Tiergarten aus. Hier musste die Polizei immer wieder Pfefferspray und körperliche Gewalt einsetzen, um aggressive „Querdenker“ zurückzudrängen. Diese warfen Flaschen und Steine. Mehrfach wurden Polizist:innen rund um die Straße des 17. Juni von Demo-Teilnehmer:innen eingekesselt, im Tiergarten waren die Einsatzkräfte zwischenzeitlich deutlich in der Unterzahl.
An Sitzblockaden beteiligten sich mitunter bekannte „Querdenker“. Andere Protestierende waren eher dem religiösen Lager zuzuordnen: Eine Frau streckte den Polizist:innen eine Jesusfigur entgegen, als diese sie wegtragen wollten. Andere sangen lautstark die Nationalhymne, einige beleidigten die Einsatzkräfte als „Nazis“ – während hinter ihnen andere Teilnehmende die verbotene, rechtsextreme Reichsflagge schwenkten.
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Angeheizt wurde die Menge von Kleingruppen, die dem rechtsextremen Hooligan-Milieu zuzuordnen sind. Große Empörung löste der Hallenser Neonazi Sven Liebich aus, der mit einem gelben „Ungeimpft“-Stern und einem Exemplar von Anne Franks Tagebuch vor dem Holocaustmahnmal posierte. Liebich wurde nach Tagesspiegel-Informationen später in Gewahrsam genommen.
Am frühen Abend zogen die Demo-Teilnehmer Richtung Schloss Bellevue
Am frühen Abend zogen die Demoteilnehmer:innen in Richtung Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten, wo die Kleinstpartei „Die Basis“ eine Kundgebung angemeldet hatte. Auch diese Versammlung wurde nach kurzer Zeit von der Polizei aufgelöst, da sich die Teilnehmenden erneut nicht an die Auflagen hielten. Im angrenzenden Moabit lieferten sich Demonstrierende am frühen Abend Katz-und-Maus-Spiele mit der Polizei.
Die war am Mittwoch mit rund 2200 Beamt:innen im Einsatz, darunter auch Hundertschaften aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Bremen und von der Bundespolizei. Mehrere Polizist:innen wurden verletzt. Videos dokumentieren auch Übergriffe auf Pressevertreter:innen. Bis zum späten Nachmittag wurden mindestens 250 Menschen festgenommen, überwiegend wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln, aber auch wegen Widerstand und Gewalt gegen Einsatzkräfte.
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